Am Anfang war das Ende

■ Den Badminton-Länderkampf BRD-DDR gewann erstere nach harten Kämpfen mit 5:2 / Der Premiere folgt die Vereinigung, doch Abwandern werden viele

Siemensstadt (taz) - In Siemensstadt fanden gleichzeitig zwei Badminton-Vergleiche zwischen der BRD und der DDR statt: der erste und der letzte. Nach dieser Premiere, auf die beide Seiten lange Jahre warten mußten, soll es bereits im nächsten Herbst einen einheitlichen deutschen Badmintonsport geben. „Wir starten keineswegs aus dem Nichts“, unterstrich Andreas Benz, neues Mitglied des gewendeten Präsidiums im Badminton-Sportverband der DDR. 25.000 Aktive gebe es im Bereich seines Verbandes. Die ersten zehn AuswahlspielerInnen der Sonderliga könnten durchaus in der westdeutschen Bundesliga mithalten. Die Elite sei deshalb relativ dünn besetzt, weil das turniermäßige Federballspiel in der DDR über zwei Jahrzehnte diskriminiert worden sei.

Wie Tischtennis, Hockey oder Wasserball, einst DDR -Disziplinen der europäischen Spitzenklasse, so verschlug es auch Badminton per Dekret der Sportführung von 1970 in die Förderungsstufe zwei. Die Folgen waren verheerend. Andreas Benz: „Unsere Nationalspieler durften nur noch bei fünf internationalen Turniern im sozialistischen Ausland starten.“ Der Anschluß an die führenden Sportverbände England, Dänemark und Schweden ging somit bald verloren.

Den in Siemensstadt angetretennen DDR-AkteurInnen merkte man dies freilich nicht an. Sie beherrschten die Finessen des Spiels, das um 1870 aus China und Indien nach Europa importiert wurde, ebensogut wie ihre zukünftigen Fusionspartner. Vom Freizeitsport Federball unterscheidet sich die Turnierversion Badminton markant: Es ist kein Vergnügen miteinander, sondern ein erbitterter Kampf gegeneinander, bis sich der Federball zum Punkten auf des Gegners Feld niederläßt.

Daß der Ball dabei in der Tat Federn lassen muß und spätestens nach jedem fünften Aufschlag ausgewechselt wird, belegt die Schlaggewalt der SpielerInnen. Bereits im ersten Dameneinzel bewies Monika Cassens, die 41fache Landesmeisterin aus Dresden, daß es auch anders geht. Immer wieder unterlief die Linkshänderin, zur großen Freude der vielleicht 600 ZuschauerInnen, mit geschickten Stoppbällen ins äußerste Eck die Angriffswucht der bundesdeutschen Juniorenmeisterin Andrea Findhammer aus Mülheim.

Ganz anders hingegen suchten im Herren-Spitzenspiel Thomas Mundt aus Greifswald und Volker Renzelmann aus Brauweiler den Erfolg. Nur selten lieferten sich die beiden Deutschmeister ein raffiniertes Duell am Netz mit geschickten Stopps und gemeinen Querschlägen. Die meiste Zeit drosch Renzelmann seinem Kontrahenten das Federvieh um die Ohren, daß man sich bei Steffi Graf im Grunewald wähnte.

Doch schließlich hielt Renzelmann den Mundt 2:0, womit der Sieger dieses einmaligen Ländervergleichs bereits feststand. Noch standen zwar zwei Doppelbegegnungen aus, wovon beide Mannschaften diplomatischerweise eines gewannen und die Punkte brüderlich teilten. Endstand des Länderkampfes: 5:2 genau wie Andreas Benz vom Badminton-Sportverband der DDR getippt hatte.

In der DDR-Sonderliga herrscht nunmehr Abschiedsstimmung. Die zukünftige „2. Bundesliga Ost“, auf diese Umbenennung haben sich beide Verbände geeinigt, verliert, wie in so vielen anderen Sportarten auch, ihre besten AkteurInnen. „Die meisten“, das ist die bittere Erkenntnis von Andreas Benz, „besitzen Verträge mit Vereinen in Westdeutschland und Österreich.“

Jürgen Schulz