„Die Bettelei ist doch unerträglich“

■ Nach dem Pokalsieg beschwert sich die Trainerin des FSV Frankfurt über die Benachteiligung von Fußballerinnen

Berlin (taz) - Töne wie diese hat der Presseraum des Berliner Olympiastadions noch nie gehört. Plötzlich stand hier, wo ansonsten von Adduktoren, Auswechslungen und glücklichen Siegern geredet wird, die Männergesellschaft auf der Tagesordnung.

Etwa dergestalt: Frauen würden in der Bundesrepublik zwar stets zum Kinderkriegen angehalten, nur das Geld für die Zeit danach müßten sie dann selbst auftreiben; kein Wunder, wenn da manche Karriere wenn nicht beendet, so doch für lange unterbrochen werde. Absenderin der Schelte: Monika Koch-Emsermann, Trainerin des FSV Frankfurt, die mit ihrem Team am Samstag das Pokalfinale gewonnen hatte und wußte, „daß ich mich jetzt beim DFB unbeliebt mache“.

Was Koch-Emsermann so in Rage brachte war auch das Beispiel der Bettina Mantel. Hochtalentiert sei die gewesen und habe dann zwei Jahre völlig durch Kinderbetreuung verloren. Oder: 15.000 DM kassiert jede Frauschaft fürs Finale als Zuschuß vom DFB, und die Kosten der Reise betragen im Falle des FSV präzise 15.240. Vielleicht, sagt die Trainerin, sei das noch nicht aufgefallen, „aber auch Frauen müssen essen, trinken und schlafen“.

Einspruch vom DFB-Sprecher Niersbach: Diesmal partizipiere jeder Verein mit 27.000 DM an den Fernsehgeldern. Widerspruch Koch-Emsermann: „Das wissen wir seit elf Stunden.“ Von der Konkurrenz kam keine Unterstützung. Cornelia Doll vom FC Bayern München fand, „hier ist nicht der Platz, darüber zu reden“, doch die Frankfurterin wollte auch im Glück über den 1:0-Erfolg nicht davon ablassen vom aufgestauten Frust: „Zwanzig Jahre bin ich dabei, die Bettelei ist doch unerträglich.“

Eigentlich sollte es ja damit vorbei sein. Als im vergangenen Jahr die Bundesrepublik die Europameisterschaft im eigenen Land gewann, schien der große Durchbruch geschafft. Live-Übertragungen im Fernsehen, tolle Spiele, und dann? Nicht viel, „weil die Erwartungen zu hoch waren“, vermutet Hannelore Ratzeburg, die Vorsitzende des Ausschuß für Damenfußball beim DFB. Die Vereinsspiele nämlich brächten längst nicht das Niveau der Auswahl, „das Leistungsgefälle ist zu groß“ (Ratzeburg).

Dem soll nun abgeholfen werden. Nachdem seit 1974 in sechzehn Landesverbänden die Besten ermittelt werden, die dann die Meisterschaft ausspielen, startet kommenden Herbst eine zweigeteilte Bundesliga. Dann werden die Frauen Woche für Woche gefordert. Schließlich war auch Koch-Emsermann trotz des Erfolgs unzufrieden mit den Darbietungen, zudem ein wenig traurig, „daß wir übers Fernsehen nichts für unser Image tun konnten“.

Das schön herausgespielte 1:0 lag noch außerhalb der Übertragungszeit: Nach 20 Minuten schickte Bettina Mantel Martina Walter und die traf hoch ins kurze Eck. Richtig aufregend war's dann erst wieder fünf Minuten vor Schluß. Bayerns Libera Dagmar Uebelhör, sonst sicher vom Elfmeterpunkt, blieb diesmal an den Beinen von Torfrau Mary Harvey hängen - keine Verlängerung.

So war danach weniger vom Spiel die Rede als von der Benachteiligung des Frauenfußballs. Da wandte sich Hannelore Ratzeburg mit Grausen: „Ich kann das Gequake nicht mehr hören.“

-thöm

Frankfurt : Harvey - Heinrich - Kerstin Pohlmann, Stunk Dagmar Pohlmann, Unsleber, König, Mantel, Bornschein - Mink (71. Rotard), Walter (71./Birkenbach)

München: Friedrich - Übelhör - Paul, Steinbrunner - Weis, Wiest, Oljknik, Bindl, Grom - Walden (69./Becker), Yamak

Tor: 1:0 Walter (20.)