„Eine der freiesten Redaktionen der Welt“

■ Buten & Binnen-Macher Michael Geyer vertauscht den Moderatorentisch mit dem Verwaltungsschreibtisch des RB-Fernsehchefs

taz: Ich hab mir sagen lassen, bei ganz Radio Bremen gab's nur einen neuen Wunsch-Chefredakteur: Michael Geyer. Der einzige, der den Job lange nicht wollte, war Michael Geyer. Jetzt also doch. Können Sie mir Ihren Wankelmut erklären?

Michael Geyer: Stimmt, ich hatte eigentlich andere Optionen. Denn ich weiß, daß mein liebster Arbeitsplatz eigentlich der Schneideraum ist und nicht der Schreibtisch eine Etage darüber. Deshalb hatten wir ursprünglich gemeinsam einen anderen Kandidaten ausgeguckt, den fanden wir alle prima, aber der ist leider wieder abgesprungen. Da hab ich mir halt gesagt, dann mußt Du's eben doch selbst machen.

Heißt das, Michael Geyer wird hinter einem Verwaltungsscheibtisch sitzen statt vor der Kamera?

Erst mal nicht, aber allmählich vielleicht doch. Das hängt davon ab, was an Arbeit alles auf uns zukommt. Das hängt davon ab, was in dieser schwierigen ARD-Struktur von mir so alles abverlangt wird. Das kann ich jetzt noch gar nicht richtig abschätzen.

Wichtige Leute in der ARD finden ja offensichtlich, daß Buten & Binnen ins 3. Programm verschwinden muß, wenn die ARD insgesamt gerettet werden soll. Macht der Chefredakteur Michael Geyer sowas mit?

Ob ich mich gegen neun ARD-Intendanten oder, sagen wir neun minus einen Intendanten durchsetzen kann, kann man sich wahrscheinlich ausrechnen. Aber ich denke, in Bremen sind im Augenblick alle dabei, die Abwehr dagegen aufzubauen und zu zeigen, daß wir nicht gerne Schindluder mit den journalistisch wichtigen Teilen unseres Programms treiben lassen wollen. Ob das erfolgreich sein wird, werden wir in den nächsten Wochen erfahren.

Müssen Ihre Kollegen bei Buten & Binnen Sie jetzt siezen?

Das würde höchstens das Klima so erheitern, daß wir mit den Lacherfolgen gar nicht mehr leben könnten. Das Verhältnis untereinander wird sich aber schon ein bißchen verändern, weil jetzt einer Entscheidungen treffen muß, der sie früher mit den anderen gemeinsam gefunden und oben durchgesetzt hat. Das wird eine neue Erfahrung für mich sein, bei der ich auch auf die Nase fallen kann. Ich selbst verstehe mich als eine Art Spielertrainer.

Trotzdem ist es doch was anderes, ob der Kollege Michael Geyer sagt, was Du da gemacht hast, war nicht so doll, oder ob der Chef Michael Geyer das gleiche sagt.

Solange ich tariflich beschäftigt war, ist meine Kritik von den Kollegen respektiert worden. Ich glaube nicht, daß sich das jetzt ändern wird.

Fällt Ihnen was ein, was Sie unbedingt ändern wollen bei Buten & Binnen?

Naja, am Konzept von Buten & Binnen arbeiten wir ja nun ständig, versuchen wir jedenfalls.

Wir wollen unseren Standard halten, wir wollen bestimmte Schwächen, die es immer gibt, rauskriegen, wir wollen durch ein paar neue Leute, die natürlich auch her müssen, neue Lebendigkeit reinkriegen. Die einzige Strukturschwäche, die mir bei Buten & Binnen einfällt, ist gleichzeitig ihr größter Vorteil: nämlich ihre Unberechenbarkeit. Im übrigen ist das eine Redaktion, die vielleicht eine der freisten der Welt ist.

Fragen: K.S.