Sozis planen die Zukunft

■ Die SPD-Fraktion des Abgeornetenhauses war mit Kollegen aus der künftigen Stadtverordnetenversammlung in Klausur / SPD: Land Berlin ohne Brandenburg

West-Berlin. Die Westberliner SPD-Fraktion des Abgeordnetenhauses hat sich für die nähere Zukunft erst einmal von ihrem ursprünglichen Wunsch eines Landes Berlin -Brandenburg verabschiedet. Dies ist ein Ergebnisse einer dreitägigen Klausurtagung, zu der sich die Fraktion am Wochenende nach Königslutter zurückgezogen hatte. An der Tagung nahmen die 55 Mitgliedern der Westberliner SPD -Fraktion, fast sämtliche SPD-SenatorInnen sowie zehn künftige Ostberliner SPD-Stadtverordnete teil; Momper fehlte.

Nach Auskunft des Westberliner Fraktionsvorsitzenden Staffelt diente die Klausur dazu, in wichtigen Bereichen die Vereinigung beider Teile der Stadt und die künftige Zusammenarbeit der beiden Fraktionen vorzubereiten. Die Ergebnisse wurden gemeinsam beraten, aber noch nicht gemeinsam beschlossen - dies soll erst nach der Gründung eines Gesamtberliner Landesverbandes im Spätsommer geschehen. Neben der künftigen Ländergliederung beschäftigten sich die Sozis mit einer Verfassung für Groß -Berlin, mit künftigen Verwaltungsstrukturen, dem Wohnungsbau, der Verkehrspolitik und der Wirtschafts- und Arbeitsmarkpolitik. „Ein gemeinsames Land Brandenburg unter Einschluß Gesamt-Berlins ist in nächster Zukunft nicht realisierbar. Die Option einer späteren Zusammenlegung der Länder Brandenburg und Berlin soll durch eine Verankerung in Artikel 118 des Grundgesetzes offengehalten werden“, so der zentrale Beschluß zur Länderstruktur. Um eine enge Zusammenarbeit der beiden Länder zu koordinieren, soll nach Willen der SPD zwischen beiden ein Staatsvertrag abgeschlossen und ein parlamentarisch kontrollierter Regionalausschuß eingerichtet werden. Einzelne Verwaltungen sollen nach Gesamtberliner Wahlen zusammengelegt werden, vorstellbar seien, so Staffelt, gemeinsame Obergerichte, ein gemeinsames Verfassungsgericht und eine Zweiländerrundfunkanstalt.

Erneut sprach sich Staffelt für die Schaffung von politischen Bezirksämtern in ganz Berlin und eine entsprechende Änderung des Bezirksverwaltungsggesetzes in West-Berlin aus. Um zu verhindern, daß bei möglichen frühzeitigen Gesamtberliner Wahlen auch in Ost-Berlin schon wieder zu den Bezirken gewählt werden muß, sollen die Bezirkswahlen von den Abgeordnetenhauswahlen abgetrennt werden. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe soll über eine künftige Verfassung beraten; für die Übergangszeit bis zur Vereinigung ist damit zu rechnen, daß sich Ost-Berlin eine eigene provisorische Verfassung geben wird - auch wenn dies den West-Sozis nicht ganz angenehm ist. Sie plagt eine Sorge: bis zur Vereinigung könnte sich der Ostberliner Verwaltungsapparat soweit ausdifferenzieren, daß viele alte SED-Funktionäre in hohe Positionen gelangen, die man nicht mehr los wird. Von westlicher Seite wurde deshalb darauf gedrungen, möglichst wenige Übergangsverwaltungsstrukturen zu installieren.

Im Bereich der Mietenpolitik will die SPD in ganz Berlin eine neue Form der Mietpreisbindung einführen. Die beiden Verkehrsbetriebe BVB und BVG sollten bald als Eigenbetrieb zusammengeführt und in einem Tarifverbund organisiert werden. Zu weiteren Sachthemen werden bis zur Sommerpause weitere Gespräche zwischen beiden Fraktionen stattfinden.

Kd