Parteispenden - „eine Selbstverständlichkeit“

Hans Filbingers Auftritt vor dem Merkle-Prozeß: Mit Parteispenden gegen „Anarchie und Gewalt“  ■  Aus Stuttgart Erwin Single

Ein Mann wie Hans Filbinger bleibt sich treu. „Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein“, hatte sich der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident und „furchtbare Jurist“ verteidigt, als er wegen seiner in NS -Zeiten gefällten Todesurteile vor zwölf Jahren seinen Hut nehmen mußte. Was gestern eine „legitime“ Spende war, kann doch heute keine „gewaschene“ Zuwendung sein, lautet - auf die indirekten Parteispendenfinanzierung übertragen - das Motto des geübten Vergangenheitsbewältigers als Zeuge im Merkle-Prozeß vor dem Stuttgarter Landgericht. Filbinger, Frontmann der Ewiggestrigen, die dem aufgeklärten Zeitgeist eisern widerstehen, weiß genau, wozu die demokratischen Kräfte in der Republik die Finanzspritzen der Wirtschaft so dringend gebraucht haben: zum Kampf gegen „Anarchie und Gewalt“. In den 70er Jahren, in der über 40 Mio. DM an Industriemoneten in die Taschen der baden-wüttembergischen CDU wanderten, hatte sich nämlich eine „Kulturrevolution“ zum Ziel gesetzt, „Staat und Institutionen kaputtzumachen“, schilderte der „Zeitzeuge von damals“ die Situation jener schweren Jahre der Demokratie. Und der sonst mit der Gabe des Vergessens ausgezeichnete CDU-Ehrenvorsitzende erinnerte das Gericht an brennende Kaufhäuser, das „sozialistische Patientenkollektiv“ Heidelberg und die Liste der Terrorismus -Opfer. Seine CDU war es auch, die den „Kampf dagegen in forderster Linie“ aufnahm. Und den „Parteien der Mitte“ haben für dieses Unternehmen die Unternehmer mit „Geld unter die Arme gegriffen“. Daß es sich bei den Zuwendungen um eine indirekte Kaskadenfinanzierung über diverse Spendenwaschanlagen handelte, wollte er freilich nicht gewußt haben. Bei den Details über die dunklen Finanzierungskanäle taten sich beim Zeugen Gedächtnislücken wie Schweizer Käse auf. Nicht einmal den in der CDU -Landeszentrale direkt untergebrachten Tarnverein will er gekannt haben. Filbinger: „War da ein Schild angebracht?“ Die Finanzierung der Partei - das war auschließlich die Sache des „Finanzkommissars“. Schatzmeister Neuhaus kümmerte sich darum. Für den Landesvater, von seiner Aufgabe „mit Haut und Haaren gefordert“, konnte sich um derartige Dinge freilich nicht kümmern. Wären ihm Bedenken über die Unrechtmäßigkeit nahegebracht worden, hätte er „aufgeschrieen“. Und so vermag Filbinger auch in der Entrüstung über die öffentliche Parteispenden-Diskussion eine Ehrenbezeugung für den Angeklagten Hans Merkle ablegen: Er habe „darunter gelitten“, daß dadurch „Schatten auf die Ehre von Persönlichkeiten geworfen werden, die das nicht verdienen“.