Milde Würze und Haargräten

■ Matjes-Saison gestern eröffnet / Erstes Fischfaß für Bremer Heimstiftung versteigert

„Oh Gott, oh Gott!“ stöhnt eine Dame im Publikum schaudernd, als Innensenator Peter Sakuth mit einem Biß ins noch blutige, über seinem Schlund baumelnde Matjesfilet die Eröffnung der diesjährigen Matjessaison besiegelt. Dabei ist der glitschige holländische Hering mit den kleinen Haargräten völlig unschuldig, richtig jungfräulich, sonst wäre es kein echter Matjes.

„Es gibt auch Matjesheringe aus Emden“, klärt Peter Koch -Bodes, Bundesvorsitzender des Fischfachhandels und Bremer Fischhändler die Matjes-Fans zwischen Rathaus und Dom auf. „Aber die Emder verkaufen norwegischen Hering vom Novem

ber als Frühlingsheringe!“ Die Verbraucher betrügen, das wollen die Bremer Fischhändler auf keinen Fall, und deshalb gibt es hier nur die Unbefleckten aus Holland.

Nach Fisch-Ansprachen und der Verleihung von Matjes-Orden stürzt sich die Fisch-Prominenz auf Matjeshäppchen vom Silbertablett, gereicht von Maidjes mit Spitzenhäubchen. Eine an

gebissene Fisch-Jungfrau liegt auf dem Kopfsteinpflaster.

Im Publikum rauscht derweil das Mundwasser: „Wir sind ja schließlich die Hausfrauen.“ Da kommt auch schon das Tablett. Viele Hände, darunter auch die gichtigen und zittrigen von Bewohnern der Bremer Heimstiftung, greifen zu, nicht schnell genug zumeist.

Zugunsten der Bremer Heim

stiftung wird das erste Matjesfaß amerikanisch versteigert. 2.470 Mark ziehen Bremer Kaufleute dafür aus den Brieftaschen.

Empfehlung: den Matjes morgens essen - das Vergnügen währt den ganzen Tag. Beate Ram