Den Chauvinismus besser versteckt...

■ „Frauenleben in der DDR“ - eine Veranstaltung der grünen Frauen / Thema Männer wurde ausgespart / Kinderbetreuung kontrovers diskutiert

Den Chauvinismus besser versteckt... als die Männer in der DDR hätten die Männer hierzulande. Dieser Unterschied im Männerverhalten hüben und drüben war den drei Besucherinnen aus Rostock und Potsdam aufgefallen, die am Montag an einer

Veranstaltung der grünen Frauen zum Thema „Frauenleben in der DDR“ teilnahmen. Allerdings empfänden die West-Männer dieses Versteckspiel offenbar als eine erhebliche Belastung. In den DDR-Medien tauchen nämlich, so Karin Stolzenberg vom Unab

hängigen Frauenverband, jede Menge Heiratsannoncen hiesiger Männer auf, die auf DDR-Brautschau sind. Thema Männer

Das Thema „Männer“ kam jedoch auf dem von Marieluise Beck -Oberdorf und Helga Trüpel moderierten west-östlichen Erfahrungsaustausch nur indirekt zur Sprache. Hauptthemen waren die Gleichberechtigung der Frauen und die Kindererziehung in der DDR. Die Gleichberechtigung sei bei der Gründung der DDR verordnet worden, ebenso wie die Berufstätigkeit der Frauen.

„Das Bewußtsein über die Geschlechterrollen hat sich dagegen nicht verändert“, meinte die Soziologin Gudrun Braemer, die vor vier Jahren in die Bundesrepublik übersiedelte, „es reicht ungebrochen aus der Zeit des Nationalsozialismus in die heutige Zeit hinein.“ Die Folge sei eine psychische Abhängigkeit - trotz materieller Selbständigkeit - der Frauen von den Männern. Durch das Fehlen alternativer Lebensformen, sprich Leben ohne Trauschein, alleine Leben oder Leben in der Wohngemeinschaft, würde diese Abhängigkeit noch verschärft. „Die Ehe“, so Karla Staczak, Referentin für Frauenfragen im Rat der Stadt Rostock, „ist in der DDR ein Muß. Und

zwar sowohl was die gesellschaftliche Anerkennung als auch was die materielle Absicherung anbetrifft. Alleinerziehende und -verdienende sind kaum in der Lage, sich finanziell über Wasser zu halten.“ Doppelbelastung

Die Doppelbelastung ist es dann auch, die die Frauen in der DDR am meisten drückt, trotz wesentlich besserer Möglichkeiten, die Kinder unterzubringen. Das Thema Kinderbeaufsichtigung erwies sich als die meist umstrittene Frage. Die staatliche Kindererziehung - die nahtlose Verwahrung in Krippe, Kindergarten und Hort - sei keine Alternative. Es käme vielmehr auf die Qualität dieser Erziehung an. Zudem müßte eine größere Vielfalt in der Kindererziehung gegeben sein, waren die Argumente der DDR -Frauen.

Das genannte Doppelbelastung löste bei einigen ihrer westlichen Diskussionspartnerinnen Entsetzen aus: Angesichts fehlender Kindergartenplätze dürften solche Bedenken nicht laut ausgesprochen werden. Einigkeit gab es dann schließlich über die Forderung, daß Eltern eine Vielfalt von Beaufsichtigungsmöglichkeiten bereitgestellt werden müßten, unter denen sie ihre Wahl treffen könnten. Denn zurück an den Herd - auch hier waren sich

die Frauen einig - ginge es nicht mehr.

Hier hätte es hingehört, das Thema „Männer“ und zwar als Hauptthema. Die Frage, welchen Beitrag müssen die Väter zur Kindererziehung leisten, und wie läßt sich ein solcher Beitrag gesetzlich verankern, wurde erst gar nicht gestellt.

Müßte sich erst das Rollenverständnis in West und Ost verän

dern, bevor solche Überlegungen ernsthaft auf die Tagesordnung gesetzt würden? Oder würde eine Beteiligung der Väter an der Kindererziehung nicht umgekehrt das Rollenverständnis in Frage stellen? Es schien, als hätten die Diskussionspartnerinnen vergessen, daß sie nicht die alleinige Verantwortung für die Kinder haben. Oder waren dies Zeichen der Resignation?

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