Rot-Schwarz und Grün in Berlin

■ Zur Entscheidung des Bündnis 90, sich nicht am Magistrat zu beteiligen

Die Bürgerbewegungen in Berlin-Ost haben sich selbst ins Aus gestellt. Ihre Entscheidung, sich nicht an der Stadtregierung zu beteiligen, stellen sie dar als die Verwirklichung ihres Anspruches politisch konsequent zu bleiben. Aus der Trauer über die verlorenen Früchte ihrer Revolution entstand Trotz und Verweigerung. Das ist persönlich verständlich, politisch eine hilflose Demonstration. Verwöhnt aus den Zeiten des Runden Tisches, als sie in der Übergangssituation Macht hatten, wollen sie nicht akzeptieren, daß die Wahl am 18.März und der Einzug von Parlamentarismus und Parteiensystem ihnen einen Platz am Rande der Gesellschaft zugewiesen haben. Die Möglichkeit der Regierungsbeteiligung abzulehnen, ohne gewachsene Strukturen außerparlamentarischer Politik- und Machtstrukturen zur Verfügung zu haben, heißt, sich selbst eines Instruments von Öffentlichkeit und Einflußnahme zu berauben.

Auswirkungen hat ein rot-schwarzer Magistrat in Berlin (Ost) aber vor allem auf die Position der Alternative Liste im Westberliner rot-grünen Senat. Denn ohne die Unterstützung des Bündnis90 auch auf Regierungsebene wird sie für die zukünftige gesamtdeutsche Hauptstadt keine grünen Akzente mehr setzen können. Schon jetzt ist es schwer genug dem rasenden Einheitszug auf der SPD-Schiene die Richtung anzuzeigen. Ohne ein grünes Pendant wird die AL nicht verhindern können, daß, um nur ein Beispiel zu nennen, der Regierende Momper (SPD) den Potsdamer Platz an den Billigbieter Edzard Reuter (Daimler Benz) verramscht.

Grün-alternative Regierungsbeteiligung in Ost und West hätte das in greifbarere Nähe rücken können, was der AL allein in einem Jahr Koalition nicht geglückt ist: Konzepte und Ideen für die Gestaltung der zukünftigen Hauptstadt zu entwickeln. Doch die Alternative Liste ist koalitionsmüde. Ein grüner Machtzuwachs im Osten wäre ein Hindernis in der Dramaturgie des Ausstiegs aus dem rot-grünen Senat. So haben die Fundis im Westen die Fundis im Osten gewähren lassen, zum Schaden der Stadt.

Einer freut sich diebisch: Eberhard Diepgen, CDU -Landesvorsitzender von Berlin-West und Ex-Regierender Bürgermeister. Daß er nicht der Mauer-Bürgermeister war, sondern SPD-Momper, hat er bis heute nicht verwunden. Rot -Schwarz in der Hauptstadt ist ein Signal für Rot-Schwarz in Gesamt-Berlin. Und das bringt ihm die Macht ein kleines Stückchen näher.

Brigitte Fehrle