Der Meyer wird gewählt, basta!

■ Trotz Kritik am designierten Vorsitzenden sollen DGBlerInnen Meyer wählen

Hamburg (taz) - Am Dienstag, einen Tag vor der Wahl des neuen geschäftsführenden Bundesvorstandes des DGB, bekamen die Vorsitzenden der Einzelgewerkschaften noch einmal alle Hände voll zu tun. Die Aktion hieß: „Rettet Heinz-Werner Meyer“. Er soll heute von den Delegierten des DGB -Bundeskongresses in Hamburg zum Vorsitzenden der Dachorganisation gewählt werden. „Wer nicht spurt, wird über Bord geschmissen“, hatte Frank Steinkühler während einer Dampferfahrt der IG-Metall-Delegierten auf der Elbe halb scherzhaft gedroht. Es herrscht Fraktionszwang bei der IGM. zwar ist niemand vom Kandidaten überzeugt, aber weil es keinen anderen gibt, muß er auch gewählt werden.

Die Gerüchteküche gärte auch am Dienstag noch heftig. Die Wahl Meyers sei nicht mehr sicher, hieß es hinter vorgehaltener Hand. Doch die Vorsitzenden haben am Dienstag die Delegierten noch einmal ins Gebet genommen, und so müßte schon Außergewöhnliches passieren, sollte die Vorstandswahl am heutigen Vormittag nicht doch nach Plan laufen.

Peter Rothe, der Vorsitzende des Sprecherrates der DDR -Gewerkschaften, hat dazu nichts gesagt. Er betonte die Notwendigkeit, sich möglichst bald mit den BRD -Gewerkschaften zu vereinigen. In Übereinstimmung mit dem DGB forderte er für ein geeintes Deutschland das Recht auf Arbeit, das Verbot der Aussperrung und gegenüber dem bundesdeutschen Recht erweiterte Mitbestimmungsrechte für Gewerkschaften und Betriebsräte. Die allerdings gibt es, so Rothe, in vielen Betrieben der DDR überhaupt noch nicht.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV), Lorenz Schwegler, versuchte in der Debatte um die Geschäftsberichte der allgemeinen Konturlosigkeit der Diskussion entgegenzuwirken. Er forderte eine entschiedenere Hinwendung auf die gewerkschaftlichen Zukunftsaufgaben, so etwas wie eine Kulturrevolution für den erstarrten gewerkschaftlichen Apparat, um zum Beispiel Jugendliche und Angestellte endlich besser als bisher erreichen zu können. Ob dies mit dem Vorsitzenden Meyer erreichbar ist, sagte er nicht.

Martin Kempe