Fernsehen mit Grundsätzen

■ DFF-Intendant Benzien legt Fernsehstatut vor / Umweltschutz festgeschrieben

Wird der Deutsche Fernsehfunk (DFF) eine dritte nationale Anstalt für Gesamtdeutschland oder muß sich das DDR -Fernsehen in Zukunft mit dem Status eines Regionalsenders zufriedengeben? Die Lösungen auf diese Frage wurde in den letzten Tagen fast ausschließlich von westlichen Medienstrategen formuliert. Und die Antworten fallen barsch und berechnend aus. Die CDU/CSU-Medienkommision lehnt die Gründung einer einzigen, das gesamte DDR-Gebiet umfassende „ostdeutsche“ Rundfunkanstalt, Schleswig-Holsteins SPD hält einen solchen Sender neben ARD und ZDF nicht für finanzierbar und auch ZDF-Intendant Klaus Bresser sieht keinen Platz für ein drittes öffentlich-rechtliches Fernsehsystem in einem zukünfig vereinten Deutschland.

Ungeachtet dessen wird in Berlin-Adlershof, dem Sitz des DFF, seit Monaten an einem Fernsehstatut gebastelt, in dem die Existenz des Senders festgeschrieben und die Programmgrundsätze ausgearbeitet werden. Am Mittwoch nun stellte Heinz Benzien, Intendant des DFF, dem Medienkontrollrat die zukünftige Geschäftgrundlage seines Senders vor. In weiten Teilen lehnt sich das Statut an die Satzungen und Programmgrundsätze der beiden bundesdeutschen Fernsehanstalten an. Der Programmauftrag wird jedoch über das übliche Bekenntnis zu demokratischen und humanistischen Grundhaltung und dem Willen zur Ausgewogenheit und Sachlichkeit um einen wesentlichen Punkt erweitert, der sich so in keinem bundesdeutschen Konzept findet. Der DDF verpflichet sich dem Umweltschutz. „Die Verbreitung und Produktion von Werken, die zum Schutz und Erhalt der Umwelt beitragen, sind Programmauftrag des DFF“, heißt es in dem vorgestellten Statut.

Ferner ist in dem Grundlagenwerk das Verantwortungsprinzip der einzelnen Mitarbeiter festgelegt. Sie sind für die von ihnen erstellten Produktionen persönlich verantwortlich, haben andererseits aber auch das Recht, „die Ausarbeitung eines Materials zu verweigern, wenn Themenstellung und Auftrag ihren persönlichen Überzeugungen widersprechen“. Dieser Passus wurde in Hinblick auf die lange unheilvolle DDR-Tradition des kritiklosen Parteipropaganda-Journalismus ausdrücklich in das neue Statut mitaufgenommen.

Als Kontollorgan soll, entsprechend den Rundfunkräten in der BRD, ein Fernsehrat installiert werden. In dieses Gremium soll aber entgegen der BRD-Praxis des Parteienproporzes nur jeweils ein Vertreter der in der Volkskammer vertretenen Parteien berufen werden. Darüber hinaus sollen VertreterInnen aller gesellschaftlich relevanten Gruppen vertreten sein. Neben Abgesandten der Kirchen, der Gewerkschaften, des Bauernverbandes, der Behindertenverbände sollen in der DDR aber auch Kunstschaffende, Unterhaltungskünstler, Bildende Künstler, Umweltverbände, Arbeitslosenverbände und Rentner einen Vertreter ihres Verbands in den Fernsehrat schicken dürfen. Diese Regelung schafft zwar in dem Kontrollgremium, das den Intendanten wählt und über die Programmgrundsätze wacht, eine breite gesellschaftliche Basis, die große Zahl der Mitarbeiter dürfte einem so zusammengesetzten Fernsehrat jedoch Probleme hinsichtlich der Meinungs- und Entscheidungsfindung bereiten. Bundesdeutsche Rundfunkräte arbeiten in der Regel mit rund 30 Mitgliedern, die laut DFF -Statut anvisierte Zahl der Fernsehratsmitglieder würde sich auf fast 50 Personen belaufen.

Trotz dieser Haken, die die Durchsetzung des neuen Statuts in der Praxis noch erschweren können, ist Hans Benzien stolz auf sein Werk: „Wir haben einen Fernsehrat, einen Personalrat, einen künstlerisch-technischen Rat, Redaktionsstatute...“ - „Auf dem Papier!“ unterbricht ihn eine DFF-Mitarbeiter, die an die Fortschritte in ihrem Sender nicht so recht glauben möchte. Es wäre endlich an der Zeit, eine grundsätzliche Debatte über Perspektiven einer nationalen Medienordnung zu diskutieren, denn nur vor diesem Hintergrund wäre ein Fernsehstatut richtig zu beurteilen, lautet ein weiterer Kritikpunkt im Medienkontrollrat. So wurde das Statut in dieser Sitzung auch nicht bestätigt, sondern dem Intendant zur Nachbesserung und zur Klärung rechtlicher Details noch einmal mit nach Hause gegeben.

Ute Thon