: TEXTOR, der beschränkte Meisterdetektiv
Das Bundeskriminalamt steckt erhebliche Anstrengungen in die Anwendung der gerichtsbezogenen Linguistik / Der „Autonome“ Andreas Semisch wurde allein auf Grund eines forensischen Gutachtens monatelang hinter Gitter gebracht / Sprachwissenschaftler halten die EDV-gestützte Textanalyse für kriminologischen Hokuspokus ■ Von T. Honk
Gut zehn Jahre ist es her, daß der geistige Mentor der Modernisierung und Computerisierung des Staatssicherheitsapparates, der damalige sozialdemokratische BKA-Präsident Horst Herold, die Linguistik als Mittel für Fahndung und Verurteilung entdeckte. Bereits vier Jahre später träumte der Leiter der Abteilung Kriminaltechnik des BKA Dr. W. Steinke vom „philologischen Steckbrief, der genaue Personenidentifizierung“ ermögliche. Nur weitere fünf Jahre später befand Polizeihauptkommissar Karl Kippin die stürmische Entwicklung der forensischen (gerichtsbezogenen) Linguisitik für vollendet:
„Die Sprache ist auf allen Ebenen verräterisch... Die linguistische Entwicklung hat in den vergangenen Jahren rasante Fortschritte gemacht. Die Aufgabe der Verfasseridentifizierung erscheint mit diesem Wissenszweig zunehmend lösbarer zu werden. Die Hoffnung der Kriminalisten, mit 'linguistischen Fingerabdrücken‘ einen forensisch gesicherten und anerkannten Tatnachweis führen zu können, wird immer berechtigter.“
Just zu der Zeit, als der Polizist Kippin seine „Hoffnungen“ zu Papier brachte, bearbeitete im Bundeskriminalamt Wiesbaden ein Diplom-Mathematiker 14 Privatbriefe des Frankfurter Autonomen Andreas Semisch mit der Computeranwendung TEXTOR, um diesen später einzig auf der Basis seines linguistischen Gutachtens in Haft nehmen zu lassen.
Viel skeptischer als Polizist Kipin und Abteilungsleiter Steinke sieht Ulrich Perret die Möglichkeiten der Computerlinguistik. Bereits 1987 kritisiert er die Metapher vom „linguistischen Fingerabdruck“ und bezweifelt die Möglichkeit, daß die Linguistik jemals „ein vergleichbar trennscharfes Verfahren wie die Daktyloskopie“ (Fingerabdruckverfahren) bieten könne. Insbesondere im „TE -Bereich„-Polizeislang für Verfahren auf Grundlage des §129a/Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sei die Feststellung individueller Autoren durch Textvergleich praktisch unmöglich, da es sich bei Bekennerschreiben fast immer um Gruppenelaborate handele.
Dr. Ulrich Perret muß es wissen. Er gilt vielen als Begründer der forensischen Linguistik in der BRD. Als direkter Untergebener W. Steinkes ist er beim BKA für die linguistische Computeranwendung TEXTOR verantwortlich, mit der er seit Aufbau der Abteilung über 130 Expertisen verfaßt hat - die meisten davon BKA-interne Ermittlungshinweise. Perret ist derjenige, der - gelegentlich von Zweifeln geplagt, doch letztlich immer gefügig - für das BKA und die Bundesanwaltschaft Gutachten verfaßt, mit denen Beschuldigte, gegen die ansonsten nur unzureichende Beweise vorliegen, hinter Gitter gebracht werden sollen.
Er war es, der in einem Gutachten gegen die Journalistin Ingrid Strobl für verdächtig befand, daß diese, den Regeln guten Sprachstils folgend, Ausrufezeichen nur sparsam verwendet: Sein TEXTOR hatte nämlich ausgespuckt, daß auch die Revolutionären Zellen und die Rote Zora in ihren Bekennerschreiben keine Ausrufezeichen verwenden, ja daß der Verzicht auf Ausrufezeichen geradezu ein Gruppenmerkmal der RZ sei. In einem Gegengutachten wurde Perrets Elaborat dermaßen demontiert, daß die Bundesanwaltschaft es als Beweismittel zurückzog. Auch sonst konnte Perret mit TEXTOR vor Gericht nicht reüssieren.
In der Polizeifachzeitschrift 'Kriminalistik‘ stellte Tobias Brückner, Wissenschaftler am Institut für Deutsche Sprache, gar die Behauptung auf, „daß die vom BKA gefertigten Gutachten weitgehend auf wissenschaftlichen Irrtümern“ beruhen, und daß er nachweisen könne, daß die methodischen Irrtümer „bei mindestens drei Texten zu falschen Gutachten geführt haben - und so Beschuldigte irrtümlich belastet wurden“.
Für Raimund Drommel, der an der Gesamthochschule Siegen StudentInnen auf den Beruf des „geprüften Schriftsachverständigen“ vorbereitet, hat die BKA-Anwendung TEXTOR mit „Sprachwissenschaft so viel zu tun wie Kosmetik mit Genetik“.
Trotz all dieser Kritik, trotz aller früheren Fehlgutachten und Falschbeschuldigungen wurde Perret im Jahre 1988 eine ganz besondere Premiere vor deutschen Gerichten vergönnt: Erstmals kam ein Beschuldigter einzig und allein auf Grundlage eines linguistischen Gutachtens in Haft.
„Überführter“ Autonomer
In Untersuchungshaft gesetzt wurde der Frankfurter Autonome Andreas Semisch, da laut EDV-gestützten Perret-Gutachten der Sprachstil in beschlagnahmten Privatbriefen des Beschuldigten die Autorenschaft für vier Bekennerschreiben zu Anschlägen auf Strommasten und ein Umspannwerk nahelege.
Betrachtet man rückblickend den kaum glaublichen Gutachter und Justizskandal des Verfahrens gegen Andreas Semisch, dann drängt sich der Verdacht auf, daß er zur Schachfigur im Ränkespiel um die forensischen Linguistik gestellt werden sollten: Am 8. und 9.Dezember 1988 trafen sich Vertreter des Innenministeriums, von Polizei und Geheimdiensten sowie von Universitäten und sprachwissenschaftlichen Forschungseinrichtungen zum Symposium „Forensischer linguistischer Textvergleich“.
Wie so oft bei solchen Veranstaltungen verbarg sich hinter den wissenschaftlichen Debatten ein Ziehen und Zerren um Posten und Pfründe, um Forschungs- und Haushaltsgelder. Je handfester die materiellen Interessen, um so heftiger die Methodenstreits. So trat denn in der kleinen Szene der Syntaxspezialisten schon im Vorfeld des Symposiums jeder jedem vors Schienbein. So läßt der Dozent Drommel keine Gelegenheit aus, darauf hinzuweisen, jeder „führende Sprachwissenschaftler der Welt“, er selbst eingeschlossen, „ist der Auffassung, daß die billige Wortstatistik an der Textoberfläche, mit der das BKA arbeitet, rein gar nichts beweisen kann. Das, was das BKA macht, ist pure Erbsenzählerei.“
W. Steinke vom BKA, der sich als Beamter mit öffentlicher Kritik ja zurückhalten muß, steckte dafür bei anderer Gelegenheit Drommels Parteigenossen Stoltenberg, bei Drommel würde es sich um einen windigen Gutachter handeln. Tobias Brückner vom Institut für Deutsche Sprache wiederum deutet in einem Artikel an, Drommel ginge es bei seiner Kritik am BKA nur um Perrets Job...und so weiter.
Alles in allem war das Kräfteverhältnis undurchsichtig. Vor allem dem BKA fehlte ein vorzeigbarer Erfolg, ein Verbrecher, der exklusiv durch die Detektive von Satzbau und Rechtschreibung überführt wurde.
Dafür bot sich Andreas Semisch geradzu an. Nachdem am 2.Dezember 1987 an der Starbahn West zwei Polizisten durch Schüsse tödlich verletzt worden waren, war er wie viele andere festgenommen und monatelang in U-Haft gehalten worden. Im Unterschied zu vielen anderen machte er jedoch keine Aussagen, auch keinen Hehl aus seiner Solidarität mit „allen politischen Gefangenen, die gleich mir noch in den Knästen sitzen“ und bezeichnete sich als einen aus dem „revolutionären Widerstand, der für sie nicht integrierbar ist“. Ein solcher Mensch ist in den Augen der Bundesanwaltschaft (BAW) schon wegen seiner politischen Identität schuldig.
Es muß Deutschlands höchste Staatsanwälte zur Weißglut getrieben haben, daß Semisch im Frühjahr '88 wegen „mangelnden Tatverdacht“ entlassen werden mußte. In der unendlichen Beweislücke - es gab schlichtweg nichts, was belastend gegen Semisch angeführt werden konnte - lag die Chance einer Bewährungsprobe für die forensische Linguistik, hatte doch die BAW in einer ersten sprachwisenschaftlichen Grobanalyse mit der Methode des - wörtlich! - „gesunden Menschenverstandes“ festgestellt. „So schreibt kein normaler Mensch.“ Das mußte nur noch wissenschaftlich verbrämt werden, was, falls es gelänge, sich positiv für die Zukunft der forensischen Linguistik bemerkbar machen könnte.
Peinliches Versagen
Knapp sechs Monate saß Andreas Semisch nach seiner neuerlichen Verhaftung auf der ausschließlichen Basis eines mit TEXTOR verfaßten Gutachtens in U-Haft, einziger lebendiger, eingemauerter Beweis dessen, was der Staatssekretär des Innenministeriums Hans Neusel am 2.Dezember '89 im Bundestag als Ergebnis des Symposiums zusammenfaßte:
„Die Veranstaltung führte zu folgenden Ergebnissen:
-Das vorhandene sprachwissenschaftliche Instrumentarium ist grundsätzlich geeignet, die in Ermittlungsverfahren und Strafprozesse interessierende Frage, von welchem Autor ein Text stammt, wissenschaftlich fundiert zu beantworten...“
Wie der in Preungesheim einsitzende Untersuchungshäftling praktisch belegte... Was sich bewährt hat, muß vertieft werden:
-“...Zwischen Polizei und Justiz und Justiz sowie Forschung und Lehre wird ein regelmäßiger Informationsaustausch angestrebt...“
Eine zentrale Dokumentationsstelle für linguistische Gutachten ist in Planung, und das dürfte für das BKA das wichtigste Ergebnis des Symposiums gewesen sein: die Vorreiterrolle des TEXTOR-Projektes wurde festgeschrieben:
“...Zur dv-technischen Unterstützung der Gutachtenerstellung hat das BKA die Anwendung TEXTOR entwickelt, bei der sprachliche und textliche Eigenheiten eines Textes verformelt gespeichert und zu Zwecken der Zuordnung von Texten unbekannter Autoren zur Verfügung stehen...“
So befriedigend das Symposium für die BKA-Crew Steinke/Perret verlief, der bis dato einzige Fall, in dem exklusiv „mit sprachwissenschaftlichem Instrumentarium...die in Strafprozessen interessierende Frage, von welchem Autor ein Text stammt, wissenschaftlich fundiert“ geklärt werden sollte, der Fall Semisch, entwickelte sich zu einem für das BKA peinlichen Debakel. Als schwerwiegendes Indiz hatte Perret in seinem Gutachten gewertet, daß der Angeklagte den Rechtschreibfehler „z.b.“ einmal in einem seiner Brief machte, ein Fehler, der auch in einem der Bekennerschreiben einmal vorkam. Als die Verteidigung Perret vorhielt, daß auch er selber in seinem Gutachten diesen Fehler geschrieben hätte, trug der Mathematiker das noch mit Fassung. Als ihm in einem Gegengutachten vorgeworfen wurde, daß er Semisch als „individualtypisch“ Kommafehler anrechnete, die zu den häufigsten Fehlern überhaupt gehören, da konnte das noch als Wissenschaftlerstreit abgetan werden, in dem Perret die größte Autorität des BKA ins Felde führen konnte.
Doch dann kam der völlige Zusammenbruch der Konstruktion. Die Verteidung hatte einen früheren Fall ausgegraben, in dem Perret einen Beschuldigten mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ als Verfasser eines Textes bezichtigt hatte, der tatsächlich nur aus dem Buch eines renommierten Großverlages abgetippt war. Der 'Faz'-Korrespondent über diesen erhebenden Moment in Perrets Laufbahn: „Einen Moment herrschte im Schwurgerichtssaal Schweigen, dann ging ein Raunen durchs Publikum und Diplom-Mathematiker Ulrich Perret vom BKA fragte nach der Verifizierbarkeit der Behauptung.“ Diese Gerichtsszene spielte am 20.Juni '89. Nun ist der Zusammenbruch des einzigen belastenden Indizes hierzulande kein Grund, einen Angeklagten auf freien Fuß zu setzen, besonders dann nicht, wenn ihm die Beschädigung von Strommasten vorgeworfen wird, eine Straftat, die seit Ausdehnung des §129a am 1.Januar '87 als terroristisches Verbrechen gilt.
Semisch ging es wie so vielen politischen Gefangenen in der letzten Zeit: weil sie nicht zu verurteilen waren, wurden sie möglichst lange in Untersuchungshaft gehalten. Hinter den Kulissen jedoch wurde geraunt und gemurmelt. So sollen auch auf einer Weiterbildung in Kaiserslautern am 14.Februar dieses Jahres hohe Beamte des BKA, gar Leiter von Landeskriminalämtern wegen des TEXTOR-Flops die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen haben. Zu diesem Zeitpunkt, acht Monate nach der Demontage des Gutachtens, saß Semisch noch immer in Untersuchungshaft. Erst sechs Tage später, am 20.Februar wurde er entlassen. Inzwischen ist er vom Vorwurf der „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ freigesprochen.
Laut 'Faz‘ sinniert Perret inzwischen darüber, daß „die von ihm begründete forensische Linguistik nicht nur in der Theorie in den Kinderschuhen stecke, sondern auch im Hinblick auf die Daten rudimentär sei.
Dubiose Wahrscheinlichkeit
Eine besondere Einschränkung der Verteidigung, die sich mit linguistichen BKA-Gutachten auseinandersetzen mußte, war immer das Geheimnis, daß Perret um seine Methoden und um TEXTOR machte. Seine Begründung: „Wenn jeder Anonymus lesen kann, wie wir ihm auf die Schliche kommen, dann schreibt er vielleicht bald nur noch kurze Standardsätze, und der Fahndungsansatz geht flöten.“ Angesichts der Gefährdung, die TEXTOR für all diejenigen bedeutet, die sich öffentlich mit den Themen auseinandersetzen, die die Verfolgungsbehörden als „anschlagsrelevant“ bezeichnen (Gentechnologie, Ausplünderung von Menschen in der „Dritten Welt“, Flüchtlingspolitik), notieren wir nachfolgend, was wir von TEXTOR und Perrets Arbeitsweise wissen.
Alles beginnt, so schreiben Perret und seine MitarbeiterInnen Braun und Balzert, indem man „möglichst simultan thematisch ähnliche Abschnitte beider Texte liest und sich nachempfindend in den Schreiber, dessen Denk-, Empfindungs- und Schreibweise hineinzuversetzen sucht unter der stets präsenten Fragestellung: Ist dies dieselbe Art zu schreiben, steht dahinter dieselbe Persönlichkeit?“ Erst nachdem sich der Polizeimathematiker nachempfindend in, um ein konkretes Beispiel zu nennen, die feministische linke Journalistin hineinversetzt hat, setzt er seinen Computer in Betrieb. Die Anwendung TEXTOR beteht aus 1.100 gespeicherten Geschäftsbriefen und Bekennerschreiben mit 1,35 Millionen laufenden Wörtern. Jedes Wort und jede Sequenz dieser Texte ist verformelt gespeichert, jede typographische Eigenheit, jeder Schreibfehler in Dateien eingegeben. Eine Lexikondatei macht die Suchbegriffe jederzeit verfügbar, ein Wörterbuch verweist auf die Fundstellen, denen sie entstammen.
Auf der Basis dieser Datei macht Perret Häufigkeitsaussagen, die jeweils als verdachtverstärkend gelten, derart, daß zum Beispiel (!) die RZ wenig Ausrufezeichen und viele bestimmte Artikel verwenden. Trifft dies auch auf Texte von Beschuldigten zu, rechnet dies die Täterwahrscheinlichkeit hoch. Daß Häufigkeitsaussagen über Wortverwendungen auf der geringen Datenbasis von TEXTOR statistisch unzulässig sind, das muß dem Mathematiker Perret bekannt sein. Auch die vielen grundsätzlich methodischen Bedenken, die von verschiedenen Wissenschaftlern gegen TEXTOR vorgebracht worden sind, kennt Perret nicht nur, er teilt sie zum Teil sogar.
Neues Spielzeug
Doch wes Brot ich eß, des Lied ich sing, und so führt Perret als Lösung der Dilemmata die Apriori-Wahrscheinlichkeit ein. Perret auf dem BKA-Symposium im Dezember '88: „Da in den Textvergleichen vielfach quantitativ nicht faßbare Argumente einfließen, ist eine formal abgeleitete quantifizierte Gesamtausgabe zur Wahrscheinlichkeit der Autorienidentität nicht möglich. eine solche würde ohnehin von der Apriori -Wahrscheinlichkeit abhängen, mit der die Täterschaft auch ohne das entsprechende Gutachten bestünde und die nur anhand aller tatrelevanten Umstände geschätzt werden kann, am ehesten vom Richter selbst. Der Gutachter kann aber mehrere Belastungswahrscheinlichkeiten, abhängig von angenommenen Apriori-Wahrscheinlichkeiten, angeben.“ Erinnern wir uns daran, daß es gegen Semisch keine sonstigen belastenden Indizien gab, und somit auch keine irgendwie geartete „Täterwahrscheinlichkeit“ (die Sprache!).
Des Rätsels Lösung: Die Bundesanwaltschaft hatte, so mal eben pi mal Daumen, die Wahrschienlichkeit einer Täterschaft des Beschuldigten auf fuffzig zu fuffzig geschätzt (0,5), und dies dem Gutachter telefonisch mitgeteilt. Auf der Basis dieser dreisten Behauptung, von der später alle Beteiligten behaupteten, es müsse sich um ein akustisches Mißverständnis gehandelt haben, errechnete Perret eine „hohe Wahrscheinlichkeit“, daß Semisch die Bekennerschreiben verfaßt habe.
Wenn die Linguistik vor Gericht sich noch nicht so nützlich machen konnte, wie die Bundesanwaltschaft sich das erhofft ein exzellentes Mittel der Rasterfahndung ist sie allemal. Mit ihren Methoden lassen sich anonyme Autoren soziographisch (nach regionaler Herkunft, sozialer Schichtzugehörigkeit etc.) einkreisen.
Gäbe es eine von Bund und Ländern getragene zentrale Diskussionsstelle, wie sie zur Zeit im Innenministerium erwogen wird, in der nicht nur Bekennerschreiben und Geschäftsbriefe, sondern Flugblätter, Diskussionspapiere und Zeitungsartikel zu den sogenannten „anschlagsrelevanten Themen“ gespeichert würden, dann ließen sich Widerstandspotentiale recht genau verorten.
Die diskutierte zentrale Dokumentationsstelle ist ein Schritt dahin. Getrieben von reaktionärer Ungeduld mag die Bundesanwaltschaft darauf nicht warten. Sie will Verurteilungen ohne großen Aufwand, ihr genügt, wie im Fall Semisch, „für die Feststellung der Autorenschaft die bloße Inaugenscheinnahme.“
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