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Beharrlich, zielstrebig - mittelmäßig

■ Mit neuem Führungstrio stellt sich der DGB den Herausforderungen des kommenden Jahrzehnts

Alles lief nach Plan auf dem Bundeskongreß des Deutschen Gewerkschaftsbundes: Der gemäß vorangegangener Absprache designierte Vorsitzende wurde gewählt, ebenso seine MitstreiterInnen im Vorstand. Was der neue Chef am Tag vorher versäumt hatte, nämlich präzise politische Aussagen zu den drängenden Problemen der Zeit zu machen, holten die Funktionäre der im DGB zusammengeschlossenen Einzelgewerkschaften am Donnerstag nach. Dabei widersetzte sich unter anderen IG-Metall-Chef Steinkühler gegen das alles beherrschende deutsch-deutsche Thema: „Es gibt wichtigeres als die deutsche Einheit.“

Die Vorsitzenden der Einzelgewerkschaften versuchten am Donnerstag im Hamburger Congress Centrum nachzuholen, was der neugewählte DGB-Vorsitzende Heinz-Werner Meyer am Tage zuvor versäumt hatte: politische Aussagen zu den wichtigsten gewerkschaftlichen Zukunftsaufgaben zu formulieren. Dabei knüpfte der IG-Metall-Chef Franz Steinkühler an die Anfangsakzente des Hamburger DGB-Kongresses an: „Es gibt wichtigeres als die deutsche Einheit“, widersetzte er sich dem alles beherrschenden deutsch-deutschen Thema.

Klimakatastrophe, Hunger, Elend und Ausbeutung der „Dritten Welt“, Massenarbeitslosigkeit - also die drängenden Menscheitsprobleme - würden durch die deutsche Einheit nicht gelöst, meinte Steinkühler, um dann doch darüber zu sprechen: Die DDR-Gewerkschaften dürften sich angesichts des Zusammenbruchs der DDR ihre Utopie nicht nehmen lassen. „Ich weigere mich, die Vorstellung aufzugeben, daß es eine bessere Gesellschaft geben könnte.“ Das Knallen der „ideologischen Sektkorken“ über den „Sieg des Kapitalismus über den Sozialismus“ macht den IG-Metall-Chef mißtrauisch.

Keine Probleme damit hat dagegen Hermann Rappe von der Industriegewerkschaft Chemie. Angesichts des DDR-Desasters habe man gar keine andere Wahl, meinte er mit einem unterschwelligen Seitenhieb auf Franz Steinkühler, als sich auf das private Kapital zu stützen. Ohne dies ist die DDR nicht zu sanieren, und alles Lamentieren über den nach wie vor schrecklichen Kapitalismus gehe an der Realität vorbei.

Die ÖTV-Vorsitzende Monika Wulf-Mathies knüpfte an den Slogan „Wir sind das Volk“ an und forderte die Gewerkschaften auf, die demokratischen Impulse der DDR -Revolution aufzunehmen - in Hinblick auf die eigenen Strukturen, aber nicht nur dort: „Der Aufbau demokratischer Strukturen in der Arbeitswelt ist eine Grundlage für die Sicherung der Demokratie.“

Einig sind sich die Gewerkschaftsführer der Bundesrepublik darin: „Wir weinen dem FDGB keine Träne nach“ (Steinkühler). Die deutsch-deutsche Vereinigung der Gewerkschaften wird sich nicht als Zusammenschluß unterschiedlicher Organisationen aus West und Ost vollziehen, sondern in Form des individuellen Beitritts von DDR-Beschäftigten zu den DGB -Gewerkschaften, die ihren Geltungsbereich auf die DDR ausdehen werden. Dabei werden sie einen Teil der Strukturen der in den letzten Monaten in der DDR selbständig gewordenen Branchengewerkschaften übernehmen.

Wieviel allerdings bei dieser Prozedur von den jetzt in den DDR-Gewerkschaften formell Organisierten übrigbleiben werden, darüber wagt im Moment niemand eine Prognose.

Martin Kempe

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