Die Nato fängt an nachzudenken

■ Frühjahrstagung der Verteidigungsminister endet ohne viel Neues

Berlin (taz) - Nach 41 Jahren Kalten Krieges erwärmt man sich schwer für Neues. Das bewies einmal mehr die Nato -Frühjahrstagung in Brüssel, die am Mittwoch zu Ende ging. Was da über Nachrichten-Agenturen als „Beginn einer neuen Ära“ und „sich Einrichten aufs Zivilleben“ meterweise durchgeleiert wurde, ist nicht mehr und nicht weniger als die Ankündigung der Verteidigungsminister, über neue Strategien nachzudenken. „Die Bedrohung durch einen geschlossenen Warschauer Pakt existiert nicht mehr.“ Aber das Aufbrechende bedroht auch. In ihrer Abschlußbotschaft warnen die Minister denn auch gleich wieder vor „Instabilität und Unsicherheit“, die sich aus dem „grundlegenden Wandlungsprozeß“ im Osten ergäbe. Sie appellieren an die böse Sowjetunion, bei den Wiener Verhandlungen über konventionelle Sicherheit in Europa (VKSE) „konstruktiv“ zu arbeiten, um einen Vertragsabschluß noch in diesem Jahr zu ermöglichen. (Siehe Seite 8). Ein Ende der Vorneverteidigung und Ideologie der „flexible response“ bleibt gedankliches Neuland. Wer sprach da jüngst von „globalen Reflexionen“? Die Runde beschloß des weiteren, das Ziel einer jährlichen Steigerung der Militärausgaben um drei Prozent ad acta zu legen (von reduzierten Militärbudgets keine Rede). Manöver soll es weniger geben, um die „Lebensqualität (zu) verbessern und die Umwelt (zu) schützen“. Nato-Generalsekretär Manfred Wörner sprach in bestem Englisch von der Gefahr, daß die Alliierten alles mißverstünden und „nach Hause“ gingen. Ja, und Bundesverteidigungsminister Stoltenberg betonte nochmals, wie „konstruktiv“ man sei, aus der veränderten Lage „die Konsequenzen“ zu ziehen. Na ja, zumindest semantisch hat sich was getan.

AS