„Eine Frechheit, das alles...“

■ Schlangestehen vor Ostberliner Banken / Viele sind stinksauer wegen der langen Wartezeiten, die für die Vorbereitung der Umtauschkonten erforderlich sind

„Ich sage Ihnen gar nichts! Ich habe mich heute schon genug aufgeregt, mir reicht's“, schimpft eine Frau, die wie viele andere Leute in Ost-Berlin vor einer Sparkasse ansteht. Die bevorstehende Währungsunion macht es für viele nötig, ihre Bank oder Sparkasse aufzusuchen, und so kommt es, daß die Leute schon vor den Sparkassen anstehen, und das bis zu mehr als drei Stunden, obwohl der Währungsumtausch noch gar nicht begonnen hat.

„Die meisten haben ja Verständnis, aber gestern meinte zum Beispiel eine Frau, wir müßten arbeiten bis zum Umfallen, zur Strafe für die schlechte Organisation. Aber ich kann nur darauf hinweisen, daß der Umtauschablauf nach Regierungsbeschlüssen geregelt wird. Da können wir ja nichts für“, meint eine Angestellte aus der Sparkasse in der Leipziger Straße. Spätestens ab übernächste Woche könne man mit verlängerten Öffnungszeiten rechnen, und am Wochenende wolle man auch Sonderschichten einschieben, beruhigt sie die Gemüter der unzufriedenen Leute. Ihre Zweigstelle hat auch diesen Freitag planmäßig nur bis 15.00 Uhr geöffnet. Ein Angestellter aus einer anderen Zweigstelle berichtete, die Leute hätten ihm Schläge angedroht, als er zur Mittagszeit seinen Schalter schließen wollte, um essen zu gehen.

„Einen ganzen Urlaubstag muß ich mir nehmen oder eine ganze Menge Stunden nacharbeiten, um mich hier anzustellen“, begründet ein Mann aus der Schlange vor der Sparkasse am Alex seinen Frust. Egal ob man Geld holen oder einzahlen möchte, einen Kontoauszug haben will oder vorhat, Überweisungen in das Sparbuch eintragen zu lassen, alle müssen ohne Unterschied in die gleiche lange Schlange. Eine Frau erklärt stellvertretend für viele: „Wir wissen ja auch, daß das alles mit mehr Aufwand verbunden ist, und hätten auch Verständnis für längere Wartezeiten. Aber was uns hier zugemutet wird, läßt nicht im mindesten vermuten, daß man sich ein paar Gedanken zur besseren Organisation gemacht hat. Eine Frechheit, das alles.“

In der Frankfurter Allee ist man zum Beispiel in einer Zweigstelle zu einem Wartenummernsystem übergegangen, doch auch dort stehen die Leute mit langen Gesichtern in der Schlange. „Das ist alles überhastet. Ein bißchen mehr Zeit und bessere Vorbereitung, dann wäre das mit der Hälfte des Ärgers abgetan.“

markstein