Handelsbeziehung DDR-UdSSR mit Zukunft?

DDR und UdSSR verbindet bisher ein intensiver Handelsaustausch / Sowjetunion liefert Rohstoffe, die DDR Fertigprodukte / Moskau soll ab 1991 in harter Währung bezahlen / 480.000 Arbeitsplätze betroffen / Der Transferrubel profitiert wohl kaum von der Währungsunion  ■  Von Axel Kintzinger

Berlin (taz) - DDR und Sowjetunion sind füreinander die wichtigsten Handelspartner. Und: Die „beiden Volkswirtschaften haben ein starkes Interesse an einer gedeihlichen Weiterentwicklung“ dieser Wirtschaftsbeziehungen. Das sind die Ergebnisse einer Untersuchung, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums durchgeführt hat und die jetzt vorliegt.

Die vereinbarten Veränderungen im bilateralen Handel Weltmarktpreise und Bezahlung in konvertierbarer Währung zeigen den DDR-Unternehmen, so das DIW, daß es für sie „auch in diesem Marktsegment nur marktwirtschaftliche Lösungen geben“ wird.

Für die DDR-Wirtschaft gilt vor allem, die Sowjetunion als Absatzmarkt zu halten. Denn: Rund zwei Drittel ihrer Ausfuhr entfallen auf Maschinen, Ausrüstungen und Verkehrsmittel auf diesem Gebiet dürften sie es auf dem westeuropäischen Markt schwer haben. Immerhin noch ein Fünftel des DDR -Exportes machen die sogenannten industriellen Konsumgüter aus: Bekleidung und Wäsche etwa oder Medikamente und Kosmetika. Insgesamt gingen in den letzten vier Jahren zwischen 36 und 39 Prozent der DDR-Exporte in die Sowjetunion - so die Angaben der alten DDR-Statistik.

Neueren Berechnungen zufolge ist die Rolle der SU allerdings wesentlich kleiner als angenommen. Der Ausfuhranteil beträgt demnach aber immerhin noch 22,8 Prozent und der Import 23,7 Prozent des Außenhandels.

So wichtig, wie der Konsumgüter- und Maschinenlieferant DDR für die UdSSR ist, so abhängig war die DDR-Wirtschaft bislang von den Rohstoffexporten aus dem Riesenreich.

Die DDR importiert Erdgas allein aus der Sowjetunion, Erdöl zu knapp 97 Prozent, Schnittholz zu 75 Prozent und Steinkohle zu 75 Prozent. Darüber hinaus stammen mehr als die Hälfte der eingeführten Lastkraftwagen und Traktoren aus der Sowjetunion.

Ist das sowjetische Riesenreich insgesamt jedoch nur partiell auf den Lieferanten DDR angewiesen, so wiegt der Grad an wirtschaftlicher Verflechtung für die Beschäftigten zwischen Elbe und Oder schwerer. Allein 260.000 Arbeiter und Angestellte, errechnete das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, arbeiten ausschließlich für den UdSSR -Handel.

Die Zulieferfirmen mit eingerechnet, verdanken rund 480.000 Personen ihren Job dem engen wirtschaftlichen Verhältnis zum ehemals großen Bruder.

Daran ändert auch nicht, daß die Handelsbilanzkurve der beiden vormaligen Kraftprotze Osteuropas bereits seit Mitte der 80er Jahre nach unten zeigt. Hauptgrund: der rasante Preisverfall bei Erdöl und Ergas. Da die Planwirtschaftler in Ost-Berlin und Moskau stets auf eine ausgeglichene Bilanz erpicht waren, wurden also auch die Aufträge der UdSSR an die DDR-Industrie reduziert.

Während westdeutsche Politiker - zuletzt Bundeswirtschaftsminister Helmut Haussmann (FDP), im Februar bereits Kanzler Helmut Kohl - der Sowjetunion gegenüber Interesse an einem weiterhin schwunghaften Wandel beteuern, droht die enge Verflechtung sich zu lockern.

Denn: Bisher profitierte die DDR-Wirtschaft von einer extrem generösen Politik aus Moskau: Man wurde, im Vergleich zu anderen RGW-Ländern, schlicht bevorzugt. Wenn wie geplant zu Weltmarktpreisen bezahlt wird, könnte allein der DDR -Maschinenbau im Handel mit der Sowjetunion jährlich rund drei Milliarden Mark einbüßen. Dies geht aus einer Einschätzung des Ostberliner Ökonomie-Professors Egon Faude hervor, die er gegenüber dem Hamburger Wochenblatt 'Die Zeit‘ machte.

Zudem ist heute noch offen, mit welchem Modus die Geschäfte abgerechnet werden sollen. Der bisherige Dreh mit der künstlichen Verrechnungs-Einheit „Transfer-Rubel“ (TRbl) dürfte im bisherigen Maße (1 TRbl4,67 DDR-Mark) bald der Vergangenheit angehören. Es sei denn, auch dieser Kurs würde im Zuge der Währungsunion auf eins zu eins umgestellt. Doch das scheint ausgeschlossen. Nimmt man die bisherigen, offiziellen Kurse, ist der Transferrubel nur noch 2,70 D -Mark wert.

DDR-Exporte in die Sowjetunion geraten unter diesen Bedingungen schnell zum reinen Zuschußgeschäft.

Aber auch umgekehrt würde kein Schuh draus: Bei einem hohen Umtauschkurs könnten sich DDR-Betriebe die notwendigen Importe aus der Sowjetunion nicht mehr leisten. Wenn Haussmann und Kohl also davon reden, für die Verpflichtungen der DDR-Betriebe einzustehen, meinen sie wohl vor allem: Subventionen für das Ostgeschäft. Was dazu die westdeutschen Firmen sagen?