100 Parteien machen noch keine Demokratie

■ Die für die Niederschlagung der birmesischen Demokratiebewegung verantwortlichen Militärs lassen wählen

Rangoon/Bangkog (taz/dpa) - Nach 28jähriger Militärdiktatur scheinen Birmas Machthaber die Einparteienherrschaft ad acta legen zu wollen. Am Sonntag werden mehr als 2.000 Kandidaten, der nahezu hundert politischen Parteien um 486 Parlamentssitze konkurrieren. Dennoch halten es die birmesischen Herrscher in punkto Bürgerrechte mehr mit China als mit Osteuropa. Als sich die birmesischen Militärs nach einem demokratiebewegten Sommer am 18.September 1988 wieder an die Macht putschten, gingen sie über die Leichen von Tausenden Zivilisten.

General Saw Maung - ein Schützling des „starken Mannes“ General Ne Win, der hinter den Kulissen immer noch mitregiert - hat die populäre Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi bereits im vergangen Jahr unter Hausarrest gestellt. Der Vorsitzende ihrer Partei, der 63jährige Tin Oo wurde zu drei Jahren Haft verurteilt, vorgeworfen wurde ihm der „Versuch, die Armee zu spalten“. Ein anderer prominenter Oppositionsführer, U Nu von der Liga für Demokratie und Frieden und von 1948 bis 1962 Premierminister, steht ebenfalls unter Hausarrest. Einzig namhafte Akteure werden so die vom Militär unterstützte Nationale Einheitspartei (NUP) und mehrere von dem Regime gutgeheißene Gruppierungen sein.

Weil der in weiten Teilen des Landes noch herrschende Ausnahmezustand die Versammlung von mehr als fünf Personen verbietet, treten oppositionelle Gruppierungen mittlerweile allwöchentlich zum Fußballspiel an. Allein wer sich als Partei eintragen ließ, konnte diesen Passus umgehen. Zur sagenhaften Fülle der eingetragenen Parteien trug darüber hinaus noch die Splittertaktik der herrschenden Fraktionen bei.

Peu a peu vermeldet Birma nun die Aufhebung des Kriegsrechts in sogenannten als „politisch stabil“ eingestuften Gemeinden, inzwischen sind es 139. Gleichzeitig hat das Regime drastische Vorkehrungen getroffen. Ganze Stadtteile wurden in Rangun dem Erdboden gleichgemacht und rund 200.000 Slumbewohner in Dörfer zwangsverschickt. Diplomaten berichten, daß ähnliche Deportationen auch in anderen Städten stattgefunden hätten, die Zahl der betroffenen Menschen wird auf 500.000 geschätzt. Unmittelbar vor der Wahl wurde Journalisten erstmals seit zehn Monaten eine Einreiseerlaubnis gewährt. Politische Beobachter werten dies als ein weiteres Indiz dafür, daß entscheidende Wahlkorrekturen bereits im Vorfeld der Auszählung vorgenommen wurden. So wurde in den Regionen der ethnischen Minoritäten nur der Eintrag des jeweiligen Familienvorstands zugelassen. Drei Wochen wird es dauern, bis das Wahlergebnis bekanntgegeben wird und dann auch nur die Namen der Gewinner.

sl