Bush kuscht vor Pekings Kommunisten

■ Radioschiff „Göttin der Demokratie“ darf auch in Japan nicht anlegen / Chinesische Dissidenten geben ihr Projekt auf / USA verlängern Meistbegünstigungsstatus für China / Kongreßabgeordnete kritisieren „business as usual“ trotz anhaltender Menschenrechtsverletzungen

Taipeh/Washington (dpa/taz) Chinas Dissidenten bläst der Wind ins Gesicht. Die Organisatoren des Radioschiffs „Göttin der Demokratie“ haben am Donnerstag ihre Aktion abgebrochen. Japan hatte kurz zuvor die Anlegeerlaubnis für das Schiff verweigert, von dem aus die Exilchinesen Nachrichten und Manifeste der Demokratiebewegung nach China senden wollten. „Wir wollten nicht gegen Regierungen kämpfen, sondern eine Botschaft nach China bringen. Diese Chance ist hier verloren“, sagte eines der Besatzungsmitglieder. Als Ersatz soll jetzt ein Bericht über das Pekinger Massaker vom 4.Juni 1989 verfaßt und weltweit an Radiosender verteilt werden, die in China zu empfangen sind.

Auch Hongkong und Taiwan hatten zuvor nach scharfen Drohungen der Pekinger Kommunisten nicht gewagt, die Besatzung der „Göttin der Demokratie“ in einem ihrer Häfen einen Sender und anderes Material an Bord nehmen zu lassen. Nun befürchtet offenbar auch Japan eine Beeinträchtigung seiner Handelsbeziehungen mit der Volksrepublik. Das Schiff soll in Taiwan verkauft werden, die Crew will bald nach Paris zurückkehren.

Knapp ein Jahr nach der blutigen Niederschlagung des chinesischen Volksaufstandes am 4. Juni 1989 hat auch US -Präsident George Bush einen Kotau vor dem chinesischen Markt gemacht: Am Donnerstag verlängerte er den sogenannten „Meistbegünstigungsstatus“ für die Volksrepublik China. Dieser Status gewährt Entwicklungsländern die jeweils niedrigsten Zolltarife für ihre Exporte in die Vereinigten Staaten und muß jährlich verlängert werden. Die Entscheidung des Präsidenten wurde von Abgeordneten der Demokraten im Kongreß heftig kritisiert, da es in China weiterhin massive Menschenrechtsverletzungen gibt. Vor kurzem hatte die Menschenrechtsorganisation amnesty international eine Liste von mehr als 650 politischen Häftlingen vorgelegt, die seit dem Massaker in chinesischen Gefängnissen verschwunden sind.

Der amerikanische Kongreß hätte die Verlängerung der Meistgegünstigung jedoch nur mit einer Zweidrittelmehrheit verhindern können, die nicht zustande kam. George Bush erklärte vor der Presse in Washington, er habe die Entscheidung nach einer Abwägung politischer, diplomatischer und wirtschaftlicher Faktoren getroffen. Der Beschluß habe nichts damit zu tun, Verletzungen der Menschenrechte zu dulden. Das bilaterale Handelsvolumen der USA und China betrug im letzen Jahr 18 Milliarden US-Dollar. Hätte China den Meistbegünstigungsstatus verloren, wären die Zölle auf Importe chinesischer Waren, vor allem Spielzeug und Textilien, von durchschnittlich neun auf über 50 Prozent gestiegen. Davon wären besonders die mehr als 900 US-Firmen in Hongkong betroffen gewesen. Die Importe aus China, von denen der größte Teil über Hongkong abgewickelt wird, wären um mindestens 30 Prozent geschrumpft, schätzen Experten. Doch nun gibt es „business as usual“. Bush erinnerte daran, daß die nach dem Massaker verhängten Sanktionen gegen China fortbestehen. Dazu zählen vor allem Ausfuhrverbote für amerikanische Waffen und Spitzentechnologie. Auch befürwortet Washington weiterhin die Aussetzung der Weltbank -Darlehen für China, allerdings ohne die Unterstützung anderer Mitgliedsländer der Weltbank.

hbo