: Metaller in Ost und West bald vereint
■ Ab 1991 gibt es die einheitliche Metallgewerkschaft / Statt gleichberechtigtem Zusammenschluß Beitritt der IGM-Ost
Hamburg (taz) - Während die Antragsberatung beim DGB-Kongreß in Hamburg in gewohnter Routine abgespult wurde, liefen hinter den Kulissen des Kongreßgeschehens intensive Verhandlungen in Sachen gesamtdeutsche Gewerkschaftsbewegung. Am Freitag morgen konnten die IG -Metall-Vorsitzenden Franz Steinkühler (West) und Hartwig Bugiel (Ost) Vollzug melden: Ab 1. Januar 1991 soll es in Deutschland nur noch eine Industriegewerkschaft Metall geben.
Die beiden Vorstände hatten sich in der Nacht von Donnerstag auf Freitag auf eine Erklärung geeinigt, wonach die IGM-Ost im September auf einer Zentraldelegiertenkonferenz den Beitritt ihrer Mitglieder zur IGM-West beschließen soll. Diese soll wiederum auf einem außerordentlichen Gewerkschaftstag im Oktober die satzungsgemäßen Voraussetzungen für einen Beitritt der IGM -Mitglieder (Ost) schaffen. Die Gewerkschaftseinheit soll dann zum 1. Januar 91 wirksam werden.
Die IG-Metall-West hat damit durchgesetzt, daß sich die beiden Organisationen nicht zusammenschließen, daß heißt, die IGM-Ost wird rechtlich aufgelöst werden. Dennoch werden die IGM-Mitglieder in der DDR en bloc in die IGM (West) aufgenommen, die damit zur gesamtdeutschen Metallgewerkschaft wird. Wer nicht organisiert werden will, muß eine Austrittserklärung ausfüllen. Die Hoffnungen der IGM (Ost), es werde zu einem gleichberechtigten Zusammenschluß beider Organisationen kommen, erfüllten sich nicht.
Steinkühler betonte, man wolle mit dieser Vorgehensweise einen möglichst hohen Organisationsgrad in der DDR halten und gleichzeitig in den Betrieben nach und nach aktionsfähig werden. Zusammen mit der Vereinbarung über die Gewerkschaftseinheit wurde ein Personalaustausch zwischen beiden Organisationen beschlossen, vor allem, um DDR -Gewerkschafter für ihre zukünftigen Aufgaben zu schulen.
Zum Schluß des DGB-Bundeskongresses in Hamburg versuchte der neue Vorsitzende des gewerkschaftlichen Dachverbandes nachzuholen, worauf die Delegierten den gesamten Kongreß über vergeblich gewartet hatten: er ließ einige politische Akzente für die zukünftige Arbeit des DGB erkennen. „Zur Ökologiebewegung“, so Heinz-Werner Meyer, „haben wir lange in falscher Frontstellung verharrt und dabei wertvolle Zeit verloren.“ „Nicht nur das haben wir verloren“, war die spontane Reaktion einiger Delegierter. „Die Innenausstattung des Gewerkschaftslebens muß entrümpelt werden“, stellte Meyer fest. Er will die „Kritik von unten nach oben fördern“, die Zusammenarbeit suchen mit „den großen gesellschaftlichen Kräften, den sozialen Bewegungen und den demokratischen Parteien“.
marke
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen