Stadtradio statt Seichtfunk

Neue Hörfunk-Welle ab '92 / Radio-Initiative lud zum Sektfrühstück  ■  hierhin bitte

das Foto mit

den Menschen hinter

buffets

Zum Open-Air-Frühstück vor dem Schlachthof hatte am Himmelfahrts-Tag die Initiative „Bremer Stadtradio“ eingeladen. Und bei kühlem Sekt, heißem Kaffee und (eigens von der Beschäftigungsinitiative „Arbeit e.V.“ geschmierten und dekorierten) Schnittchen informierten sich Interessierte, was das denn werden soll, dieses „Bremer Stadtradio“, kundschafteten eifrige Radiofunker neue Betätigungsfelder aus, erforschten VertreterInnen von Bremer Initiativen (Aucoop, Mädchenhaus, Rockmusikverein, Rat&Tat, Bremer Umwelt-Institut, Hoppenbank,...), ob und was sie von einem Stadtradio wohl hätten.

Provokativ

frech, kontrovers

Weil es 1992 in Bremen eine neue Hörfunk-Welle gibt, hat sich die Initiative „Stadtradio“ in die Frequenz-Vergabe eingemischt und schlägt engagierten Stadtfunk statt kommerziellen Seichtfunk vor. Mit guten Chancen: „Ortsbezogene Gruppen und Gemeinschaften“, so bestimmt es das Bremer Landesmediengesetz, sollen für ein lokales Programm den Vorrang vor anderen AnbieterInnen haben. Wie ein Bremer Stadtsender sich anhören soll, davon hatten die vormittäglichen Frühstücksgäste ihre Vorstellungen: Provokativ, frech und kontrovers soll es zugehen. Anstrengende „pädagogische Strafexpeditionen“ von „Freizeit -Intellektuellen“ sind unerwünscht. Und KünstlerInnen, Initiativen, Bürgerhäuser, Bands, Stadtteile, Beiräte und Freizis sollen zu eigenem Wort und zu ihrem Recht kommen. „Da gibt es allerdings noch Mißverständnisse“, erklärte einer der Stadtradio -Geschäftsführer, Peter Rüdel: „Es wird den 'Offenen Kanal‘ geben, für den die Gruppen unzensiert und technisch unterstützt Sendungen produzieren und präsentieren können. Aber ansonsten muß das Stadtradio eine journalistisch ambitionierte und professionelle Re daktion haben.“

Um den Stadtsender in Bremen an Kneipen-und WG-Tischen, bei MusikerInnen, in Parteien und Institutionen, an der Uni und in den Straßencafes ins Gespräch zu bringen, will der Verein in den

nächsten Monaten seine Öffentlichkeitsarbeit verstärken. Daß so ein Stadtsender eine feine Sache wäre, daß er sich natürlich aus den Werbeeinnahmen der Bremer Klein-, Mittel -und Selbstverwaltungs-Betriebe finanzieren müßte, war den Interessierten sonnenklar. Ein Frühstücksgast: „Natürlich nervt Werbung. Aber so ist das nun mal im Kapitalismus.“

Der Verein Stadtradio will nicht selbst die Frequenz beantragen, sondern die journalstischen, kulturellen und auch finanziellen Interessen möglicher Veranstaltergruppen koordinieren und bündeln. Gesucht werden nun in den kommenden Monaten GesellschafterInnen, die mit mindestens 1.000 Mark, gern auch mit mehr, dabei sein wollen, um einen Bremer Stadtsender gegen den Strich zu etablieren. S.P