„Parkplatz-Not, Handel tot“?

■ Geschäftsleute gegen Verkehrsberuhigung in der Hamburger Straße

Freie Fahrt für die Straßenbahn, weniger Platz für PKW das ist Ziel des vom Senat vor rund zwei Jahren beschlossenen Verkehrskonzeptes. An einigen Orten der Stadt schon verwirklicht, sollen nun auchdie Geschäftsleute und Anwohner in der Hamburger Straße der Straßenbahn Platz machen.

Dagegen werden jetzt die Geschäftsleute aktiv. „Stirbt unser Viertel?“ fragen sie in einem Flugblatt die Anwohner und laden zur Informationsveranstaltung ein. Am Samstag vormittag standen sie unter zwei Sonnenschirmen zum Frühschoppen vor einem Gemüsegeschäft versammelt, die Blumenhändler verteilten Röschen mit einer Fahne „Parkplatz -Not, Handel tot“. Der Schlachter aus der Nebenstraße bereitete den Holzkohlengrill für die Bratwürste vor.

Die Geschäftsleute sind aufgebracht. Sie befürchten Umsatzeinbußen, wenn die Autofahrer nicht mehr für Kurzeinkäufe in der zweiten Reihe halten können. Und auch für die eigenen Lieferwagen gebe es keinen Platz mehr. Auch die Müllabfuhr, die Krankenwagen, die Öllieferanten, niemand komme mehr durch. „Bei uns gibt es demnächst fünf Arbeitslose“, bringt eine Geschäftsfrau ihre Existenzangst auf den Punkt.

Möglicherweise haben die Geschäftsleute Erfolg mit ihrer Hoffnung, die Anwohner auf ihre Seite zu ziehen. 5.300 Unterschriften hatten sie in den Vortagen und am Samstag schon gesammelt. Ein Ehepaar auf der Straße: „Bei uns ist es ohnehin schon eng. Und demnächst kurven noch mehr Leute auf Parkplatzsuche durch unsere Straße.“ „Das will ich nicht, sagt eine ältere Frau: „Ich habe schon unterschrieben“.

Wird nicht möglicherweise die Straße leiser durch die Behinderung des Individualverkehrs? „Ich habe Thermopenscheiben“, sagt die Frau. Eine andere brüllt über den Gartenzaun: „Das ist sehr laut hier! Vielleicht wird es leiser durch die Schraffierung.“ Alle sind sich einig, daß die Straßenbahn in der Hamburger Straße durch den Autoverkehr überhaupt nicht behindert wird, und alleine deswegen sei die Schraffierung sinnlos.

Aber wer das sagt, hat das ÖPNV-Konzept gründlich mißverstanden. Denn mehr als um die freie Fahrt der Straßenbahn, geht es hier um eine absichtliche Behinderung des Autoverkehrs, darum, das Autofahren unattraktiver zu machen. Christa Verhaeg, SPD-Vorstandsmitglied im Ortsverein Peterswerder: „Wenn ich weiß, daß mein Parkplatz schwer wiederzukriegen ist, überlege ich mir doch, ob es sich lohnt, für die 1,50, die ich beim Supermarkt spare, den Autostreß auf mich zu nehmen, kaufe mir lieber eine Sackkarre und hole die Kiste Wasser beim kleinen Einzelhändler in der Nachbarschaft. Wir wollen die Geschäftsleute nicht verschrecken, sondern ihnen klarmachen, daß sie von der Gleisschraffierung profitieren.“ Peter Verhaeg, SPD-Fraktionssprecher im Beirat Östliche Vorstadt: „Wir sind überrascht vom Zorn der Geschäftsleute. Wir werden sie in Kürze zu einer Versammlung mit den Ausschüssen für Stadtentwicklung, Verkehr und Umweltschutz einladen, und mit ihnen über das Konzept reden.“ bea