Der Inter-Regio ist kaum schneller, aber schicker

■ Seit gestern pendeln moderne Inter-Regio-Züge zwischen Köln und Berlin / Intercity wird für Sommer 1991 „angedacht“

Charlottenburg. Mit Pauken, Trompeten und fünf Minuten Verspätung läuteten Bundesbahn und Reichsbahn gestern mittag eine neue Eisenbahnepoche ein: Das Ende des Siffs in der Transiteisenbahn. Zu den Klängen des Reichsbahn-Orchesters lief gestern um 12.46 Uhr im Bahnhof Zoo aus Richtung Köln der erste fahrplanmäßige InterRegio-Zug der Bundesbahn ein; Manfred Möller, Präsident der Ostberliner Reichsbahndirektion sprach von einem „historischen Ereignis“.

Der Epochemacher, der jetzt dreimal täglich zwischen Rhein und Spree pendeln wird, ist weiß-hellblau-dunkelblau gestreift und verspricht den Bahnreisenden eine zwar kaum kürzere, dafür aber kurzweiligere Reise. Der Berliner Bundesbahn-Chef Siegert pries gestern das neu eingeführte „Bistro-Cafe“ und die geräumige „Sitzlandschaft“, die der InterRegio in einigen Waggons bietet.

Die in Reihen angeordneten Sitze der Großraumwagen bringen mehr Beinfreiheit und erlösen von dem verordneten Blickkontakt der traditionellen Abteile aus der Postkutschenzeit. Kein Platz dagegen für Radfahrer: Die eigentlich selbstverständliche Fahrradbeförderung, die auch beim InterRegio ursprünglich geplant war, sei vorerst „nicht gewährleistet“, räumte DB-Mann Siegert ein. Auch einige Behinderte, an die im neuen Waggon mit geräumigen Toiletten und eigenen Plätzen gedacht wurde, protestierten über die zu hoch über dem Bahnsteig hängenden Türen der Waggons.

Mit knapp sieben Stunden Fahrzeit zwischen Köln und Berlin ist der InterRegio eine halbe Stunde eher am Ziel als die alten D-Züge. Verkehrssenator Wagner war das gestern freilich zuwenig. Die Bahn habe in Berlin zur Zeit „die Chance“, verhieß der Senator; denn „alles deutet darauf hin, daß die Flugpreissubventionen in Kürze wegfallen“. Schön fände es Wagner deshalb, wenn es nach der Komfortsteigerung auch mit der höheren Geschwindigkeit „bald klappt“. Die Aussichten dafür sind allerdings schlecht: Die zerbröselnden Betonschwellen unter den Reichsbahngleisen machen immer noch zu schaffen.

Auch der Intercity, dessen erste fahrplanmäßige Ankunft in Berlin laut Siegert für den Sommer nächsten Jahres „angedacht“ sei, werde angesichts der schlechten Gleisanlagen „unter keinen Umständen“ schneller sein als die Zuckelzüge von heute.

hmt