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Daß in der Psychiatrie alles möglich sei, dachte sich wohl Autor Konrad Hansen, als er einen passenden Handlungsort für seinen Hörspielthriller Die Überführung suchte. Der Patient Fischer wird hier von ärztlicher Seite untersucht und aus kriminalistischen Gründen verhört, denn Madame Fischer ist spurlos verschwunden. Ihr Gatte behauptet, sie habe sich in Luft aufgelöst, befände sich derzeit auf dem Weg ins Jenseits und mache gerade Zwischenstation im All. Die Story ist natürlich gefundenes Fressen für Dr.Schlegel, der eine Form von Eskapismus diagnostiziert, weil er nicht einen Funken Phantasie mitbringt. Kommissar Knobloch ist da weniger wissenschaftlich motiviert und entpuppt sich nach langen Verhören doch glatt zum menschlichen Romantiker. Nun vermutet auch er die gnädige Frau auf dem unentdeckten Planeten Transpluto. Da aber schlägt die Falle zu: Herr Fischer verwirrt seinen Verfolger, indem er alles widerruft und als Komplott der Anstalt enttarnt. Doch leider steckt Kommissar Knobloch schon zu tief im Dickicht aus Wahn und Wirklichkeit, Kriminologie und Astrologie. Wie's ausgeht für den Armen, läßt der hr 1 um 19.30 Uhr wissen. Dienstag

Beim SWF 1 gibt's um 20.05 Uhr Musikgeschichte aus Dichtersicht: Julio Cortazar, der als argentinischer Exilant im Paris der 50er Jahre arbeitete, verfolgte in diesem Milieu eine Künstlerfigur und seinen Biographen. Johnny Carter ist der Held und seines Zeichens Jazzmusiker. In Amerika von Rassismus und Kommerzialismus verfolgt, hat er in den Existenzialisten-Kneipen von Paris zeitweilig ein neues Zuhause gefunden und genießt nun die Faszination, die seine Musik auf die Pariser Intelligenzia ausübt. Bruno, der Biograph, verfolgt Johnnys von Drogen und Alk begleiteten Lebenskampf mit kühlen, eitlem Interesse und stilisiert den weltberühmten Musiker schon zu Lebzeiten zu einem Mythos für die Nachwelt. Daß eine solche Konstellation, hier der wirklich Lebende, dort der Geschäftemacher, der existentialistischen Beobachtung Material lieferte, ist klar. Und folglich geht Cortazars Erzählung Der Verfolger weit über eine bloße Milieustudie hinaus.

Am 2.Juni 1740 wurde in Paris ein Phänomen geboren, das die interessierte Leserschaft bis heute in Atem hält: Donatien Alphonse Fran?ois de Sade. Aber der Ärmste kam - wie so viele - erst posthum zu Ruhm und Ehren und wurde Zeit seines Lebens verfemt und verfolgt. Dieser „freieste Geist, den die Welt gekannt hat“ - so der Bewunderer Appollinaire - brachte seine Visionen im Gefängnis zu Papier. Und weil er zu Lebzeiten konsequent totgeschwiegen wurde, bringt der hr2 um 21 Uhr dem 250jährigen Mythos aus voller Kehle ein Geburtstagsständchen mit dem Titel Die Grammatik der Begierde.

Wer nichts von den Abgründen der Lüste hält, kann sich statt dessen beim WDR 3 mit leichter Kost die Zeit vertreiben. Hier werden ofenfrische Mitschnitte des Festivals Akustica International denjenigen vorgestellt, die im März zu pleite waren, um speziell dafür nach New York zu jetten. Ab 21 Uhr läuft die feine Programmauslese, bei der Altmeister John Cage (alive and kicking as ever) eine 1958 entstandene hommage a Erik Satie, ein imaginäres Gespräch, in zwei Rollen vorliest. „Da er mehr als dreißig Jahre zuvor verstarb, hörte keiner von uns, was der andere sagt. Seine Äußerungen sind solche, die ihm zugeschrieben werden“, kommentiert Cage seine Arbeit. Weitere Hörkunstgrößen wie Dick Higgins, Phillip Corner und Gerhardt Rühm führen kurze Stücke zu Satie, dem „französischen Vater der neuen Musik“ auf. Die Titel sind Three Double Helixes Aren't For Sale, Satie's Rose Cross As A Revelation und Japanischer Salat.

geha