Rechte Weiße in ihrer Wagenburg

Die Apartheid-Apologeten am Kap versammelten sich zu Zehntausenden um ihr Heiligtum in Pretoria, während Südafrikas Präsident die Wiederaufnahme Südafrikas in die Welt zelebrierte / Und da war auch noch Mandela, der zu Toleranz gegenüber Andersdenkenden aufrief  ■  Aus Pretoria Hans Brandt

Es war ein Tag typisch südafrikanischer Kontraste: Am Samstag versammelten sich am „Voortrekker Monument“, dem wichtigsten Heiligtum der Buren bei Pretoria, über 60.000 weiße Extremisten, um gegen die Abschaffung der Apartheid zu protestieren. Gleichzeitig sprach Nelson Mandela, Vizepräsident des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC), wenige Kilometer entfernt im schwarzen Wohngebiet Atteridgeville vor 60.000 AnhängerInnen. Und am Flughafen von Johannesburg, 40 Kilometer weiter südlich, jubelten 4.000 Menschen Präsident Frederik de Klerk zu, der mit militärischen Ehren bei seiner Rückkehr aus Europa empfangen wurde.

Mit Tränen in den Augen lauschte de Klerk der südafrikanischen Nationalhymne. „Das neue Südafrika wird geboren, und niemand kann es aufhalten“, sagte er dann in einer kurzen Ansprache. Seine Reise habe gezeigt, daß Südafrika der Welt wieder in die Augen sehen könne. „Die schrittweise Isolierung Südafrikas war ein Hindernis für erfolgreiche Reformen“, gab der Präsident zu. „Sie wird entfernt werden.“ Jetzt sei der Reformprozeß unaufhaltbar. „Auch nicht durch große Versammlungen kann dieser Prozeß aufgehalten werden.“ Bei der großen Versammlung der Rechten in Pretoria wurde de Klerk ausgelacht. „Unser Führer steht heute hier, vor seinem Volk“, sagte Ferdie Hartzenberg, stellvertretender Leiter der Konservativen Partei (CP) und zeigte auf den CP-Führer, Andries Treurnicht. „Er steht im Herzen des Volkes und hat es nicht nötig, ins Ausland zu gehen, um bejubelt zu werden.“ Was sich da in Pretoria am Samstag zusammenfand, war seit Jahrzehnten tatsächlich die größte Versammlung rechter Weißer hier.

Doch trotz der Beschwörung burischer Traditionen aus Blut und Boden, Vaterland und Volk, Rassenreinheit und Apartheid blieb die Stimmung der Versammlung eher bedrückt. Das mag mit der Zerstrittenheit im rechten Spektrum zu tun haben. Die CP hatte andere extremistische Gruppen wie die neonazistische Burische Widerstandsbewegung (AWB) nicht eingeladen. AWB-Unterstützer wurden wiederholt daran gehindert, die Fahnen ihrer Organisation zu hissen. Andererseits blieb kein Zweifel, daß die Reformschritte de Klerks total abgelehnt wurden. Treurnicht brandmarkte de Klerk wiederholt als Verräter des burischen Volkes. „Wer auf Kosten der Liebe und des Vertrauens seines eigenen Volkes die Gunst anderer Völker sucht, der ist ein Verlierer und wird ausgestoßen“, sagte er unter großem Beifall.

Während Treurnicht den ANC scharf angriff -„Der ANC haßt das Burenvolk und die weiße Nation!„- rief Mandela bei seiner Rede die Weißen zur Unterstützung von de Klerks Reformen auf. Seine eigenen UnterstützerInnen mahnte er, sich diszipliniert zu verhalten und Toleranz gegenüber Andersdenkenden zu zeigen. Solche Toleranz zeigten die Rechten nicht. Eine schwarze Journalistin mußte bei der CP -Versammlung von der Polizei vor Attacken gerettet werden.

Zwar will die CP vorerst noch ihren Widerstand auf verfassungsmäßigem Weg zeigen. Aber sollte das erfolglos bleiben, schließt sie bewaffneten Widerstand nicht aus. „Sie unterschätzen die Tiefe der Überzeugung, den Willen, den Glauben, das Widerstands- und Durchhaltevermögen und die Dickköpfigkeit Ihrer Volksgenossen“, warnte der CP-Führer de Klerk. Die Bedrohung durch die Rechten ist momentan noch schwer einzuschätzen. Zwei Untersuchungen, eine durchgeführt von der regierenden Nationalen Partei (NP), die andere von einem liberalen Forschungsinstitut, zeigen allerdings, daß die CP von mehr als 50 Prozent weißer WählerInnen unterstützt wird. Bei den weißen Minderheitswahlen vergangenen September hatten die Konservativen 30 Prozent erhalten. Der „Bruderbund“, eine burische Geheimorganisation, die als Beratungsgremium für die Regierung auftritt, will daher offenbar eine Konferenz einberufen, um unter den Buren wieder Einheit herzustellen.