C-Waffen: Sicherheit vor Schnelligkeit

Expertenhearing in Bonn empfiehlt Stopp des geplanten Abzugs US-amerikanischer C-Waffen aus dem pfälzischen Clausen in den Pazifik  ■  Aus Bonn Andreas Zumach

Umwelt- und MilitärexpertInnen, PolitikerInnen und WissenschaftlerInnen aus den USA und der BRD fordern einen Stopp der Vorbereitungen des ab Juli vorgesehenen Abzugs der im pfälzischen Clausen gelagerten US-Chemiewaffen. Auf einem Hearing „C-Waffen TOD-sicher - kein Grund zur Beruhigung“ der grünen Bundestagsfraktion plädierten sie am Samstag in Bonn unter Hinweis auf „unakzeptable Risiken“ bei Land- und Seetransport der C-Waffen sowie bei der auf dem Pazifik -Atoll Johnston Island vorgesehenen Verbrennung der Kampfstoffe für das Prinzip „Sicherheit vor Schnelligkeit“. Zunächst müßten eine bundesdeutsche Risikostudie, gemäß den in den USA geltenden schärferen Standards erstellt, sowie weniger umweltgefährdende Vernichtungsmethoden erforscht werden. Die TeilnehmerInnen des Hearings, zumeist Vertreter von Kommunalparlamenten und Friedensinitiativen aus der Pfalz und aus an der vorgesehenen Abtransportstrecke von Clausen zum Hafen Nordenham gelegenen Orten unterstützten die Forderungen in einem „Bonner Appell gegen Giftgas“. Die grüne Bundestagsfraktion will am Dienstag entscheiden, ob sie sich diese Forderungen zueigen macht.

Die Senatorin Ammelle Amaral aus dem Parlament des US -Bundesstaates Hawaii erklärte, weder die Bewohner Hawaiis noch anderer Inseln und Anrainerstaaten des Pazifiks seien bislang über die geplante Verbrennung der C-Waffen auf dem 1.300 Kilometer südwestlich von Hawaii gelegenen Johnston -Atoll informiert oder gar zu den Planungen angehört worden. Amaral, die zugleich den in Honolulu residierenden „Weltkongreß der Eingeborenen Völker“ vertritt, unterstützte „ausdrücklich den Wunsch der Bundesdeutschen, besonders in der Pfalz, die C-Waffen so schnell wie möglich loszuwerden“. Das dürfe jedoch „nicht unter Gefährdung von Leben und Umwelt im Pazifik geschehen“.

Sie verwies darauf, daß Mikronesien bei der US-Regierung bereits einen offiziellen Protest gegen den Seetransport und die Verbrennung auf Johnston Island eingelegt hat. Die pazifische Kirchenkonferenz hat ihren „Widerstand“ angekündigt, und auch in Neuseeland wächst die Kritik an dem Vorhaben. Die Leiterin der Pazifik-Kampagne von Greenpeace, Sebia Hawkins aus Washington DC, stellte eine neue Studie der Umweltorganisation vor, wonach die Verseuchung des Ozeans durch Dioxin und andere hochgiftige Stoffe droht, die bei der Verbrennung der chemischen Kampfstoffe freiwerden.

Der ehemalige Oberst der US-Armee und heutige Professor für Physik, James Knipp, schlug vor, die Kampfstoffe durch „Neutralisierung“ statt durch Verbrennung zu vernichten. Knipp war vor zwanzig Jahren als Armee-Oberst an der „Neutralisierung“ von chemischen Kampfstoffen aus den Fünfzigern beteiligt. Das damals angewandte Verfahren müsse zwar „modernisiert“ werden, erklärte Knipp. Doch seien die „besonders fähigen deutschen Chemiker dazu sicher in der Lage“, wenn sie den Auftrag und ausreichend Zeit erhielten.

Der bundesdeutsche Chemiker Dieter Meisner und der Physiker Wolfgang Kirsten forderten, die „zahlreichen, nach wie vor ungeklärten Fragen und Risiken“ beim Abtransport mit Lkws von Clausen nach Miesau und von dort per Bahn nach Nordenham müßten Gegenstand einer „vergleichenden Risikostudie“ werden. Es sei nicht auszuschließen, daß sich als deren Ergebnis die Vernichtung vor Ort, also in der Pfalz, als vergleichsweise geringeres Risiko erweise. Doch auch ein sicherer Abzug bei nach wie vor ungesicherter Vernichtung im Pazifik nach dem St.-Florians-Prinzip sei abzulehnen, erklärte die grüne Bundestagsabgeordnete Angelika Beer.

Es ist noch offen, ob sich die grüne Bundestagsfraktion dieser Einschätzung mehrheitlich anschließen wird und - wie bei dem Hearing mehrfach gefordert - Klagen von an der Strecke Clausen-Nordenham lebenden Bürgern gegen den Transport unterstützen wird.