Neu im Kino: „Stanley und Iris“ von Martin Ritt

■ Alles-Mögliche-Film

Wenn ein Kinofilm mit den Worten aufhört: „Alles ist möglich“, dann können Sie sicher sein, etwas Grundpositives gesehen zu haben. Der amerikanische Regisseur Martin Ritt (Norma Rae und Nuts) hat es sich da ziemlich leicht machen können. Von MGM bekam er 20 Millionen Dollar, ein flüssiges Drehbuch und Robert DeNiro und Jane Fonda obendrein. Da kann eigentlich nichts mehr schiefgehen.

Stanley und Iris, also DeNiro und Fonda, sind zwei Beschäftigte in einer großen Bäckerei. Sie ackert am Fließband und füllt Törtchen, er steht in der Werkskantine „hinter dem Kartoffelmus“, das er den Malochern auf das Tablett klatscht. Abends fährt Iris abgespannt mit dem Bus zu ihren halbwüchsigen Kindern zurück, und Stanley nimmt das Fahrrad, um nach Hause zu seinem Vater zu gelangen. Alles ist schlicht im Leben der beiden, proletarisch begrenzt und von permanentem Geldmangel bestimmt. „Arbeiten, essen, schlafen, aufstehen und wieder arbeiten“, sagt Jane.

Aber da ist etwas zwischen den beiden. Liebe ist es ganz bestimmt nicht, denn dazu ist weder die verwitwete Frau in der Lage noch der zurückhaltende Mann willens. Zuneigung kommt auf, und ein gut gehütetes Geheimnis enthüllt sich: Stanley, der Mitvierziger, ist Analphabet, einer von etwa 30 Millionen in den USA.

Martin Ritt hat allerdings keinen neuen Rain Man gedreht. Stans Unvermögen taucht nur am Rande auf, sorgt für kleine Peinlichkeiten und längere Phasen, in denen er Iris nicht sehen will. Aber wir wissen es ohnehin schon nach einer halben Stunde: Stanley und Iris sind so nett zueinander, sie werden sich finden, Liebe hin oder her. Iris bringt dem scheuen Mann, nachdem er seinen Kantinenjob verloren hat, peu a peu Lesen und Schreiben bei, und Stan kratzt an der Seelenschutzhülle der Arbeiterin. Das machen Fonda und DeNiro so gut, daß es ans Herz geht. So ist das Leben, heute Regen, morgen Sonnenschein - jedenfalls im Kino.

Am Ende ist Stan ein gemachter Mann, der sowohl Maschinen erfindet als auch sich selber ein neues Leben. Nun brauchen Stan und Iris nur noch zu heiraten. „Alles ist möglich“.

Stern 6 und 7, täglich um 15.45, 18.15, 20.45 Uhr, unter allerdings haarsträubenden Begingungen. Im Kino 7 gab es lautes Dauerbrummen im Hintergrund; die ohnehin sehr kleine Leinwand war im oberen Drittel unscharf, der untere Rand hingegen schimmerte dämmrig, während die Alu-Verkleidung an der Decke und Rohre an der Wand ständig Reflexionen abstrahlten.

J.F.Sebastian