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Ein Hauch von Hase

■ Dr. Andrew Tsubaki einführte am Sonntag im Theater in japanische Theaterformen

„Was kommt von diesem Berg, von jenem Berg zu uns gesprungen? Es hat zwei lange dünne ... ? Ich vermute, das ist ein Hase.“ Das ist ein Hase und eine Geschichte. Das ist aber auch Theater und geht so: Man streckt erst den linken Arm nach links oben, also zu diesem Berg, dreht auf der Stelle, streckt dann den rechten Arm nach rechts oben, also zu jenem Berg, hüpft etwas zurück, weil der Hase ja zu uns gesprungen kommen muß, bückt sich und so weiter. Was für eine komische Geschichte! Und zugleich so fremdkulturkreisig, wie uns Dr. Andrew T. Tsubaki, Professor für Film, Theater, ostasiatische Sprachen und Kultur an der Universität of Kansas, am Sonntag im Bremer Schauspielhaus das japanische NO-Theater vorführt.

NO und dessen „Antipode“ Kyogen sind klassische Formen des japanischen Theaters, die bis ins 12.Jh. zurückreichen und dem ursprünglichen griechischen Theater gleichen mit seinen Elementen Tanz, Musik, Mimik, Komik. Was eine ursprüngliche Straßenkunst war, teilte sich in NO und Kyogen - letzteres eine Art Situationskomödie, die absurde oder banale oder humorige Begebenheiten stilisiert und in einer Art diszipliniert, daß nur noch die Bewegung übrigbleibt - siehe Anfangs-Szene.

NO dagegen „deals with supernatural ghosts“, erklärt der freundliche Herr Tsubaki von der Bühne herab und hat einen Übersetzer, der am Theater eigentlich pressespricht und eher weniger viel Englisch, was den Tsubaki'schen Vortrag etwas zerhäckselt. Der freundliche Herr Tsubaki beschreibt aber ungebrochen freundlich die NO-Spielart, die offiziell ein „tragisches Thema in einem lyrischen Grundthema mit

Tanz, Chorgesang und Instrumentalmusik“ ist, so: Jemand, der in einer unglücklichen Situationen gestorben ist, und wer tut das nicht, den zieht es zurück ins Leben, um die noch Lebenden an sein Unglück zu erinnern. Lebende und Tote kommunizieren und die Sterbeszene wird wiederholt - huch, könnte man da denken, handelte es sich nicht um NO mit seinen zeitlupenartig zelebrierten, aufs Wesentliche reduzierten Körperkoordinationen. Nach der wiederholten Sterbeszene jedenfalls findet ein Prie

ster, das Unglück sei nun vorbei, der Geist sagt, is okay und haut wieder ab, so ähnlich geht NO oder was die Übersetzung davon übriggelassen hat.

Und während draußen die Welt ihren redundanten Gang nimmt, erleben wir auf schwarzvorhanggesäumter Bühne, welche Zeit das japanische Theater hat: Es ist langsam. Und wichtig. Herr Tsubaki hebt als einfache Grundübung die Hand vor Augen, langsam, langsam, langsam, „intuitive Menschen können jetzt nachvollziehen“. Mit der Langsam

keit, erklärt er populär, ist das wie mit den „sports“, Fußball zum Beispiel: Die besten Momente werden in Slow -Motion wiederholt, „good things have to come slow“. Genau. Alle - und viele sind gekommen - lachen.

Damit wir verstehen, was wir hören, erleben wir Herrn Tsubaki und zwei Schauspielerinnen aus seinem workshop am Bremer Theater in kleinen NO-und Kyogen-Szenen: Minimalistische Handlungen und Dialoge, Wiederholungen, Geräuschimitationen, abgezirkelte bis ruckartige Bewegungen, sparsame Gebärden emotionslos. Oder klatschende Hände, die wie trockene Trommeln klingen, fremdartige Ruflaute, jeder Buchstabe eine Betonung, auf der man verweilt. Die NO -Welt ist eine Welt voller Rituale, erstarrte Geschichten mit mysteriöser Symbolik, die uns faszinierend verschlossen bleiben. Als Tsubaki aber den empfundenen Tod jenes Fischers wiederholt, der von einem Samurai ermordet wurde, da erfriert trotzdem ein Moment. Langsam. Claudia Kohlhas

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