Wo bleiben die Sozialleistungen?

■ Westberliner Gesundheits- und Sozialsenatorin Ingrid Stahmer kritisiert unzureichende Bestimmungen im Staatsvertrag / Unklar vor allem die Finanzierung der Arbeitslosenversicherung

Berlin. Sowohl die finanzielle Berechnung wie auch die Vorsorge der Bundesregierung im Hinblick auf die Sozialgemeinschaft der BRD mit der DDR sind bislang völlig unzureichend. Dies erklärte gestern die Westberliner Gesundheits- und Sozialsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) bei einem Gespräch mit Institutionen aus dem Westberliner Gesundheits- und Sozialbereich. Senatorin Stahmer kritisierte vor allem, daß Bonner Regierung die versprochene Anschubfinanzierung auf ein halbes Jahr für die Renten- und auf anderthalb Jahre für die Arbeitslosenversicherung begrenzt hat.

Es sei unrealistisch, daß der DDR-Haushalt oder erste Beitragseinnahmen „stehenden Fußes für die Krankenversicherung aufkommen“ könnten.

Als ein weiteres Kernproblem nannte Frau Stahmer den Aufbau und die Finanzierung von Einrichtungen und Trägern der sozialen Arbeit: „Es macht mir Sorgen, daß der Staatsvertrag dazu einfach schweigt.“

Ungleiche Leistungsansprüche „prinzipiell gleichberechtigter Menschen innerhalb einer Stadt“ seien, besonders im Gesundheitsbereich, nicht auf Dauer zu ertragen. Es böte sich deshalb an, die Zuständigkeiten der verschiedenen Körperschaften - Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK), Kassenärztliche und Kassenzahnärztliche Vereinigung auf Gesamt-Berlin zu erstrecken und dabei deren Selbstverwaltungsorgane zu erweitern. Für eine Übergangszeit müsse die AOK dann unter einem Dach zwei Teilorganisationen mit getrennter Kasse koordinieren.

Trotzdem könne dies auf Dauer nicht die Lösung sein: „Wir können nicht lange beschwörend die Hände heben, wenn unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger aus Ost-Berlin Krankenversicherungsleistungen nach westlichen Standards wollen.“ Taten müssen folgen.

maz