Dünner weißer Tequila

■ „Thin White Rope“ im Römer / Konglomerat-Musik der Neunziger?

Der folgende Satz über die kalifornische Rock-Kapelle aus ihrem Info war allein schon die Neugier wert: „Kyser (der Sänger) windet sich wie eine Klapperschlange mit seinem Vibrato durch mystische Gesangslinien und Tequila -geschwängerte Gitarren-Ökonomie“. Diese Phrase ist mindestens so schlecht formuliert wie unwahr. Guy Kyser wand sich keinesfalls, und schon gar nicht wie ein Reptil. Eher röhrte er wie weiland der Sänger von Steppenwolf, aber das ist ja schon ziemlich lange nichts Neues mehr.

Das Quartett mit den zwei Gitarren konnte sich stilistisch nicht recht entscheiden. Rhythm'n'Country kommt als Schublade

wohl am besten hin, doch auch diese Richtung wollten die dünnweißseiligen Musiker nicht durchgängig spielen. Mal verwendeten sie Brachial-Sequenzen a la Killing Joke, um im nächsten Stück ganz gefährlich nahe an psychedelische Klangbilder eines David Thomas heranzukommen. Das klang recht gefällig, war mitunter sogar tanzbar, nur dem Profil der Band verhalfen diese vielfältigen Ausflüge ins Reich der Musik-Genres nicht zu erkennbaren Konturen.

Auch nach einer Mini-Umfrage im Publikum blieb unklar, ob das Repertoire von Thin White Rope nun das ultimative Konglomerat der beginnenden neunziger Jahre ist. Außerdem: so gitarren

lastig und betont kollektiv waren schon viele Gruppen vor ihnen.

Daß dennoch im Nachhinein ein wohlmeinender Eindruck über die dünnen weißen Seile hängengeblieben ist, hat offensichtlich am Tequila gelegen. Denn wenn die Gitarristen wirklich zur flüssigen Droge gegriffen haben, wie es ihr Pressematerial so blumig behauptet, dann manifestierte sich das in den Duett-Passagen der beiden, die sich eher nach Duell anhörten. Ganz besonders attraktiv wirkte dieses hemmungslose Geziehe an den Saiten beim Cover-Titel „Yoo Doo Right“ der legendären Can. Jungs, ihr könnt so gut covern. Macht das doch immer. Cool J.F