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Spaß an der Pflicht

■ Die zurückgetretene Kunstturn-Altmeisterin Anja Wilhelm will mit 21 noch einmal den Deutschen Achtkampftitel holen

Dortmund (dpa/taz) - Anja Wilhelm, die Deutsche Meisterin von 1984, 1985 und 1987, hatte nach ihrem letzten Titelgewinn die Nase vom harten Leben einer Kunstturnerin gestrichen voll: im Dezember 1987 trat sie vom Wettkampfsport zurück. Doch nach 30 Monaten Entzug treibt es die nun 21jährige wieder zurück zu Holm und Salto. Noch einmal will sie in Dortmund den Achtkampftitel holen. 15 Stunden pro Woche balancierte sie mit neuem Spaß auf dem Schwebebalken, übte waghalsige Sprünge übers Pferd, verrenkt den nach wie vor geschmeidigen Rücken.

So erreichte sie am Montag nach der Pflicht mit 37,05 Punkten hinter Andrea Drissler (Bergisch Gladbach/37,40) den zweiten Platz, eine gute Ausgangsposition vor der Kür. Und das, obwohl sie die Barrenübung leicht verkorkste.

Schon vor einer Woche war die neunfache Deutsche Meisterin aus Wolfsburg, die 1987 bei der EM in Moskau Dritte am Schwebebalken wurde und seither „etwa zwei Kilogramm mehr“ drauf hat, Norddeutsche Meisterin vor Andrea Drissler geworden. In Dortmund spielte sie ebenfalls ihre ganze Routine aus und ließ sich nur von der fast sechs Jahre jüngeren Drisseler, der Deutschen Barrenmeisterin von 1989, abhängen. „Nein, ich bin nicht zufrieden, obwohl es erst mein zweiter Pflichtwettkampf war“, sagte die „Altmeisterin“.

6.000 Turnfest-Besucher in der Westfalenhalle waren beeindruckt, was eine „so alte“ Turnerin noch an den Geräten zeigte, und honorierten ihre Leistungen mit wohlwollendem Beifall. Noch begeisterter waren sie von der Vizemeisterin 1989 Andrea Drissler.

Für die Kür am Mittwoch schob sich die 14jährige Gabi Weller (Heuchelheim) als überraschende Dritte nach der Pflicht mit 36,75 Punkten in den Blickpunkt. „Sie hat einen enormen Schritt nach vorn getan, nachdem sie kürzlich im Moskauer Turnzentrum trainieren durfte“, erklärten die Trainer-Eltern. Platz vier erreichte die Süddeutsche Meisterin Ruscha Kouril (Mannheim-Neckarau/36,45), deren 9,65 als Deutsche Meisterin am Boden die Tageshöchstnote bedeuteten. Nur 20 Turnerinnen nahmen an dem Wettkampf teil.

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