Vereinigung kritisiert

■ SPD-Vorstand in der DDR kritisiert Berliner Vereinigungsbestrebungen / Die Bonner sind ebenfalls reserviert

Berlin (taz) - Der Beschluß des SPD-Bezirks Berlin (Ost), sich bis spätestens Ende September mit dem Landesverband Berlin (West) zu vereinigen, ist beim Fraktionsvorstand der Volkskammer auf Kritik gestoßen. Der Fraktionsvorsitzende Schröder sagte gestern gegenüber der taz, man sei mit diesem Beschluß „nicht glücklich“ und werde intervenieren. Die Vereinigung der beiden Parteien müsse eine „politische Vereinigung“ sein. Einen rein formalen Zusammenschluß der SPD der DDR und der SPD-West halte er nicht für wünschenswert. Dies sei die Meinung des gesamten Fraktionsvorstandes, sagte Schröder. Vor ihm hatte bereits der amtierende Parteivorsitzende Meckel die Einigungsbestrebungen kritisiert.

Der Berliner Bezirk ist der erste in der DDR, der einen Beschluß zur Vereinigung der beiden Parteien verabschiedet hat. Mit nur einer Enthaltung und ohne Gegenstimmen wurde dieser Antrag am letzten Sonntag auf dem Bezirksparteitag angenommen. Auch in anderen Landesverbänden gibt es starke Bestrebungen, die Sozialdemokraten der DDR so schnell wie möglich mit der BRD-Schwesterpartei zu vereinigen. In Sachsen wurden gar Stimmen laut, den für 9. Juni angekündigten Parteitag, auf dem ein neuer Parteivorsitzender gewählt werden soll, ausfallen zu lassen und stattdessen im Herbst bereits einen Vereinigungsparteitag zu veranstalten.

In Bonn hält man sich bedeckt. Derzeit werde erst einmal der rechtliche Rahmen einer Parteivereinigung geklärt, sagte gestern Parteisprecherin Webusch. Der Bonner Vorstand hat sich kürzlich auf einer Rundreise durch die Bezirke in der DDR über den organisatorischen Zustand der Partei informiert. Die SPD-West und -Ost haben es nicht eilig. Gesamtdeutsche Wahlen, für die die Vereinigung der beiden Parteien von Bedeutung ist, wollen sie erst Ende 1991. Spekulationen, der für Ende September in Bonn geplante Wahlparteitag könne ein Vereinigungsparteitag werden, dementierte die Sprecherin.

Weit weniger zögerlich ist man mit der Parteizusammenlegung bei den Christdemokraten. Im September soll der letzte DDR -Landesparteitag stattfinden, danach will man mit der CDU -West fusionieren.

bf