: Markthalle: Gemüse statt Giros
■ Enttäuschte HändlerInnen organisieren sich selbst / Wer nicht ins Konzept paßt, soll gehen
„Sie werden schon sehen, im Herbst wird es hier richtig brummen!“ Werner Johannes ist einer von derzeit 34 Standbetreibern in der Bremer Markthalle, die sich jetzt an den eigenen Haaren aus einem drohenden Fiasko ziehen wollen. Am Dienstag wählten sich die Marktleute ein dreiköpfiges Sprechergremium, dem die beiden Bäcker Peter Zühlke und Ali Altun sowie der Geflügelmetzger Ingo Tietjen angehören. Zusammen mit den Martkhallen-Managern will die HändlerInnenvertretung die Markthalle in den nächsten Wochen nun endlich auf Touren bringen. Motto: Eine Markthalle wird gewünscht, wenn das Konzept stimmt.
Das Konzept stimmt derzeit nicht. In einer ersten Analyse hat das Bremer PR-Büro Voss die Finger in die drei tiefsten Wunden der Markthalle gelegt: Schlechte Geschäfte, schlechte Rahmenbedingungen und schlechte Stimmung. Die Werbefachfrau Mi
chaela Bucheli empfiehlt dem Markt dringend eine Umstrukturierung im Standkonzept. „Hier müssen die Melonen nur so 'rumrollen“, favorisiert sie mehr Gemüse- und Obststände statt der überzähligen Freßbuden.
Auch Marktsprecher Peter Zühlke glaubt an einen tragfähigen Kern des Konzeptes. „Wir haben hier zum Beispiel den Bauern Nüstedt, der geht morgens den Spargel stechen, und dann liegt der hier wenig später frisch am Stand“, erläutert er die ursprüngliche Marktidee von der Einheit des Produzierens und Verkaufens. Von solchen Ständen gebe es eben viel zu wenig. Nach Ansicht des Marktsprechers hat der Hannoveraner Makler Kuhrmeier versagt, der im Auftrag der Baugesellschaft Strabag die Stände vermietet hat. „Hier wurden gravierende Belegungsfehler begangen“, erklärt der Biobäcker das mangelnde Interesse der Bremerinnen an der
jetztigen Markthalle. Kuhrmeier habe „mit Methoden, die nicht immer lauter waren“, die Stände vermietet ohne Rücksicht auf's Gesamtkonzept. So sieht's auch Peter Garbade, bei der Strabag zuständig für das Projekt Markthalle. Einige Stände werden nach seinen Worten in den nächsten Wochen mit der Kündigung rechnen müssen. Stände, die unprofessionell oder inkompetent geführt würden, könnten per Marktordnung rausfliegen: „Wir haben keine andere Wahl, wenn wir das Projekt retten wollen.“
Ein bis zwei Jahre Anlaufzeit prophezeit PR-Strategin Michaela Bucheli der neustrukturierten Markthalle in Anlehnung an vergleichbare Projekte zum Beispiel in Hannover. Doch gerade den kleinen HändlerInnen, die sich mit ihrm Stand gerade selbständig gemacht haben, droht bis dahin die Luft auszugehen. Werner Johannes, der auf seinen acht Standquadratmetern Rost- und Roß
bratwurst verkauft, hätte die investierten 60.000 Mark in den Sand gesetzt, wenn sich die Markthalle nicht bald füllt. „Was nutzt mir da die Stundung der Miete?“ überdenkt er laut ein Angebot des Managements, die Standmiete für die nächsten Monate erst einmal nicht bezahlen zu müssen. Zwanzig Mark nimmt Johannes derzeit pro Tag ein, am Wochenende waren es ganze 4,50 Mark.
So wie ihm geht es vielen Händlern, die in der Hoffnung auf eine kauffkräftige und -willige Kundschaft in ihre Stände investiert haben, 150.000 Mark und mehr. Am kommenden Dienstag wollen die Sprecher mit den Investoren das gemeinsame Sofortprogramm absprechen. Spätestens nach der ohnehin einkalkulierten Sommerflaute soll es dann vom Herbst an „richtig brummen“ in der Markthalle.
Markus Daschne
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