Umweltmedizinische Premiere

■ Krankmachende Umwelt: In Steglitz wurde vom Bezirksamt eine neue Umweltmedizinische Ambulanz eröffnet / Weitere Einrichtungen sind erforderlich

Steglitz. Umweltmedizinische Ambulanz - so nennt sich die vor kurzem installierte Einrichtung, die im Bezirksamt Steglitz künftig die Kluft zwischen Gesundheitsfürsorge und Umwelteinflüssen überbrücken helfen will. Gedacht ist die Ambulanz als Ansprechstelle für niedergelassene Ärzte. Hierhin können sie Patienten mit rätselhaften Beschwerden überweisen, die möglicherweise auf umweltschädliche Ursachen zurückgehen.

„Natürlich läßt sich eine Vielzahl von Umweltgiften nicht einfach abstellen“, erklärte gestern Helmut Becker, Vorstandsmitglied der Berliner Ärztekammer gegenüber der taz. Am Ende der Verbindung aus genauer Untersuchung von Umwelteinflüssen und deren Veröffentlichung sei jedoch zwangsläufig eine verbesserte Umweltpolitik gefragt: „Sei es in der Schule, am Arbeitsplatz oder bei der Stadtplanung hier liegen die Ursachen für umweltbedingte Erkrankungen, die wir benennen und die Politiker verändern müssen.“

Diese erste Umweltmedizinische Ambulanz geht zurück auf die Initiative der Gesundheitsämter in Steglitz und Schöneberg. Beide Bezirke haben bislang als einzige die vom rot-grünen Senat eröffnete Möglichkeit genutzt, ein an das Gesundheitsamt angegliedertes Umweltamt einzurichten. Doch damit sind erhebliche Probleme verbunden: Zwar unterstützt der Senat die Einrichtung solcher Ämter, Organisationsvorgaben und vor allem finanzielle Unterstützung gewährt er jedoch nicht. Die Folge: Um ein Umweltamt einzurichten, müssen die Bezirke Gelder, Stellen und Sachmittel aus anderen Bereichen abziehen, „und da beginnt der große Streit“, so Berger.

Schöneberg und Steglitz haben für sich eine Lösung gefunden. Auch die neu eingerichtete Umweltmedizinische Ambulanz soll für beide Bezirke zuständig sein. Schwierigkeiten gibt es dennoch bei der Finanzierung: Zwar kann die Ambulanz für ihre Untersuchungen alle Landesbehörden in Anspruch nehmen, muß jedoch vermutlich auch immer wieder auf externe Gutachter zurückgreifen. Die Kassenärztliche Vereinigung hat bereits signalisiert, daß sie dafür keine Zusatzmittel ausschütten wird. Um die Finanzierung dennoch sicherzustellen, verhandeln die Umweltämter derzeit mit den Krankenkassen.

Berger hofft, daß das Steglitzer Modell auch in den anderen Bezirken Schule macht. Übergreifend soll im FU-Klinikum Steglitz ein umweltmedizinisches Institut eingerichtet werden. Der Beschluß wurde bereits vor geraumer Zeit gefällt - doch es geht nicht voran: Die zuständige Senatsverwaltung für Wissenschaft will, daß die erforderlichen Gelder von der Universität in anderen Bereichen eingespart werden. Dagegen wiederum sperrt sich die Universitätsleitung.

maz