Giftgas

■ betr.: "Cheney: "Giftgasabzug nicht garantiert", taz vom 19.5.90

betr.: „Cheney: 'Giftgasabzug nicht garantiert'“,

taz vom 19.5.90

Das hätte ich in der taz eigentlich nicht erwartet. Tenor des Giftgasartikels: Gesammelte Leserschaft und verantwortlicher Redakteur stehen geschlossen hinter dem geplanten Abzug, und jetzt sperren die bösen, bösen Amis die erforderliche Knete.

Herr Weidemann, statt ins Horn der Bonner Regierungspropaganda zu stoßen, sollten Sie lieber die Hintergründe derselben aufdecken. Tatsache ist doch wohl, daß der Abzug des international geächteten Giftgases Vorbedingung ist für die Stationierung neuer binärer Kampfstoffe (nachzulesen im US-amerikanischen Etat). Das ist nicht, wie uns immer wieder weisgemacht wird, ein langerkämpfter Schritt in der Abrüstungspolitik, sondern hier wird mit unverantwortlichem Risiko aufgerüstet.

Der angeblich nicht gefährdete Terminplan orientiert sich meiner Meinung nach nicht nach der Fertigstellung der C -Waffen-Verbrennungsanlage im Pazifik, sondern nach der im Herbst anstehenden Bundestagswahl in unseren Landen; denn kostenlose Wahlkampfgeschenke sollten ihre Wirkung nicht verfehlen!

Bei der herrschenden Geheimhaltungs- und Verschleierungspolitik unserer Regierung ist es eigentlich kein Wunder, daß sich bisher so wenig Betroffene zusammengeschlossen haben, um den Abzug, so wie er jetzt geplant ist, zu verhindern.

Giftgasinis wie die in Pirmasens oder Remscheid/Solingen/Wuppertal haben es sich zur Aufgabe gemacht, über Gefahren und Risiken der Operation aufzuklären und ihre Forderungen betreffs einer Risikostudie und einer öffentlichen Diskussion einzuklagen, damit die 435 Tonnen Nervengifte so gefahrlos wie möglich vernichtet werden.

Es stellt sich jedoch abschließend die Frage, ob eine allgemeine öffentliche Meinung gegen den geplanten Abzug und ein paar tausend Unterschriften die militärische Großaktion noch verhindern können. Muß man nicht längst andere Möglichkeiten des Widerstandes diskutieren?

R.Warnke, Mitglied der Giftgasini RS/SO/WUPP, Radevormwald

Zur Technik der Verbrennung der Giftgase VX und Sarin möchte ich folgendes anmerken:

1. Die Verbrennung von Phosphorsäureresten, zu denen die oben genannten Giftgase gehören, funktioniert nur dann, wenn Energie bei der Verbrennung zugeführt wird, das heißt eine Erdgas- oder Erdölfeuerung aus Stützfeuerung installiert wird und das Giftgas in wenigen Prozenten der Verbrennung zugeführt wird. Eine darauffolgende Nachverbrennung ist ebenfalls notwendig. Eine eventuelle Vorort-Verbrennung muß und kann, wie amerikanische Beispiele zeigen, nur so funktionieren.

2. Die auf dem Johnston-Atoll geplante Verbrennung soll möglichst billig, da der Energietransport teuer ist - diese Grundsätze nicht befolgen. Vielmehr soll soviel Giftgas wie gerade noch problemarm brennt, „vernichtet“, das heißt teilweise an die Umgebung abgegeben werden. Gerade hier verlagern wir unsere Probleme „in die Kolonien“.

3. Die erheblichen Transportrisiken beim Abstransport - die taz berichtete hier meiner Ansicht nach sehr gut - macht eine gründliche Diskussion über Abtransport und/oder Verbrennung vonnöten. Dies ist zwar vor Ort nicht populär, aber ein „Billig-Abzug“ oder eine „Billig-Verbrennung“ auf Kosten der BewohnerInnen, wie er von den amerikanischen Streitkräften - im Gegensatz zum Verhalten gegenüber der eigenen Bevölkerung - bei uns angestrebt wird, kann den Tod bedeuten. Mir ist jede heftige Diskussion vor Beginn der Entsorgung wesentlich lieber als Totenstille danach.

Stefan Boßmann, Vorstandssprecher des BUND-Saarland