Olympische Machtspiele

■ Sportfunktionäre bekämpfen alternatives Olympiakonzept

P R E S S - S C H L A G Widerspruch sind hohe Sportfunktionäre nicht mehr gewohnt. Wo sie auftauchen, wird von der Luxuslimousine zum Salon der rote Teppich ausgerollt, und Wirtschaft wie Politik machen gefälligst einen Diener. Da trifft es sich gar nicht gut, daß ausgerechnet in West-Berlin einer für den Sport zuständig ist, der sich seine eigenen Gedanken zur Sache macht: Hans-Jürgen Kuhn, Alternative Liste (siehe Interview). Schließlich sollen die Olympischen Spiele in die Stadt.

Dem vermeintlichen Störenfried hauen sie's jetzt ordentlich um die Ohren. Daß dabei der vergessene Eberhard Diepgen (CDU) die Chance nutzt und von Momper fordert, Kuhn dürfe nicht länger die Verantwortung für die „hochkarätige Bewerbung“ behalten, gehört eher zur politischen Alltagsposse. Interessanter an der Pressemitteilung der CDU ist vielmehr der Hinweis, Willi Daume (NOK) habe Walter Momper wissen lassen, daß bei Olympiaverhandlungen Kuhn nicht anwesend sein soll, andernfalls würden NOK-Mitglieder den Raum wieder verlassen.

Insider kolportieren diese Einmischung der Olympier in Belange des Berliner Senats schon lange. Das NOK als ungewählte Neben- oder Überregierung? Momper, ganz gummibärchenweicher Sozi, schweigt sich aus, anstatt politische Verantwortlichkeiten klarzustellen. Er setzt auf Zeit, die das Problem AL erledigen soll. Selbst der Olympiamacher Kuhn zeigt sich superdiplomatisch, um das große Projekt nicht vorab zu gefährden.

Vordergründig wird lanciert, der greise Olympier Daume sei über eine Äußerung von Kuhn vergrätzt, bei der 50-Jahr-Feier der 36er-Spiele in Berlin habe keine Abgrenzung zur faschistischen Politik des Hitler-Reiches stattgefunden. Kuhn will das so nie gesagt haben. Damit wird ein falscher Schauplatz aufgemacht, die Crux an der Berliner Bewerbung ist eine andere: Daß das NOK schon mit einem pragmatischen Realpolitiker - der viele ALer alternative Ansätze allzusehr vermissen läßt - nicht zurechtkommt zeigt, wie sehr NOK -Politik im Verein mit wirtschaftlichen Interessen zum Selbstläufer geworden ist.

Was stört, muß weg. Die Politiker in Südkorea waren ja so nett, und es gibt noch genügend andere Städte, die wissen, was sich gehört.

-thöm