Erdrutschsieg für die Bürgerkomitees

Erste Ergebnisse der Kommunalwahlen in Polen / In Lodz gibt es Konkurrenz für Solidarnosc / Die sozialdemokratische Nachfolgepartei der Kommunisten wird in Warschau zur Splitterpartei  ■  Aus Warschau Klaus Bachmann

Die Bürgerkomitees in Polens Städten sind die Sieger der Kommunalwahlen. In fast allen größeren Städten, in denen nach Listen gewählt wurde, haben die Wähler die Bürgerkomitees mit deutlichen, in vielen Fällen sogar mit 2/3-Mehrheiten in die Rathäuser geschickt.

In Warschau entfallen von 345 zu vergebenden Mandaten 301 auf das lokale Bürgerkomitee, 15 auf die aus der früheren Staatspartei PVAP entstandene Sozialdemokratische Partei SdRP und sechs auf die „Christlich Nationale Vereinigung“. Ähnlich gute Ergebnisse für die Bürgerkomitees werden inoffiziell bereits auch aus Opole, Krakau (wo das dortige Bürgerkomitee 72 von 75 Plätzen besetzt), Kielce, Katowice, Danzig (59 von 60 Sitzen), Plock und Bialystok gemeldet.

Wichtigste Ausnahme ist Lodz, wo das lokale Bürgerkomitee, das von Walesas Solidarnosc unterstützt wird, Konkurrenz von einer an „Solidarnosc 80“ angelehnten Gruppe, der „Lodzer Bürgerverständigung“ bekam. Sie bakam prompt 50 von 80 Sitzen, während dem Solidarnosc-Bürgerkomitee 24 blieben, sechs Mandate erhielten die Sozialdemokraten. Dieses Ergebnis zeigt eine Protestwahl: In Lodz herrscht eine der höchsten Kriminalitätsraten Polens und die höchste Arbeitslosigkeit.

Von den Proteststimmen in der Bevölkerung dürften auch die Sozialdemokraten profitiert haben, die in dem Warschauer Stadtteil Ochota sieben Mandate errangen. Von 17.000 von der SdRP aufgestellten Kandidaten wurden bei Auszählung in der Hälfte aller Wojewodschaften bisher etwa 1.000 gewählt.

Im Verhältnis zur Zahl der aufgestellten Kandidaten ebenfalls gute Ergebnisse erzielte die „Christlich Nationale Vereinigung“, eine betont nationalistische Partei, die insgesamt nur knapp 400 Kandidaten aufgestellt hatte. Sie hat auch die Sympathie von Primas Glemp und kann bis jetzt immerhin 100 Gemeinderäte vorweisen.

Offen sind noch die Ergebnisse in kleinen Gemeinden und Dörfern, in denen nach dem Mehrheitswahlrecht zwischen einzelnen Kandidaten gewählt wurde. Hier sind endgültige Ergebnisse erst am Donnerstag zu erwarten, da viele Orte nicht einmal ans Telefonnetz angeschlossen sind. Es ist damit zu rechnen, daß in diesen Gemeinden die Bauernpartei PSL die besten Ergebnisse erzielen wird. Sie hatte sich erst vor kurzem aus der „Bauernpartei Wiedergeburt“ und der „Polnischen Bauernpartei“ gebildet und tritt in gewisser Weise die Nachfolge der einstigen mit der PVAP verbündeten „Vereinigten Bauernpartei“ an. Bereits jetzt sind nach Angaben eines PSL-Sprechers 26% der insgesamt 19.000 von der PSL aufgestellten Kandidaten in die Räte gekommen.

Einige Ergebnisse über die nationalen Minderheiten liegen bereits vor. So haben weißrussische Gruppen in der Wojewodschaft Bialystok ein Mandat im Stadtrat von Bialystok erhalten. In Hajnowka, wo es einen hohen weißrussischen Bevölkerungsanteil gibt, bekam das „Weißrussische Wahlkomitee“ sieben von 28 Sitzen, während es in Bialowiezy 14 der 15 Mandate im Rat erhält. Wegen der großen Aufsplitterung in einzelne Dörfer und der schlechten Verbindungen liegen Ergebnisse der Organisationen der deutschen Minderheit noch nicht vor. Zu den Wahlen waren rund 550 Kandidaten mehrerer deutscher Gruppierungen angetreten.

Zu den Verlierern der Wahl gehört die radikale „Konföderation Unabhängiges Polen“ (KPN), von deren 1.200 Kandidaten nur 60 gewählt wurden. Anders als erwartet führte die geringe Wahlbeteiligung von durchschnittlich 42% nicht zu einer Stärkung kleiner, extremer Gruppierungen.