Italien stimmt über Jagd und Pestizide ab

Drei Referenden am Sonntag: Parteien und Gruppen gespalten  ■  Aus Rom Werner Raith

Mit drei Volksabstimmungen wollen Italiens UmweltschützerInnen am kommenden Sonntag wieder einmal Zeichen für eine künftige europäische Entwicklung setzen: Abgeschafft werden sollen alle gesetzlichen Regelungen für den Gifteinsatz auf den Äckern. Darüber hinaus soll die Jagd auf Privatland verboten werden. Dann dürften die Jäger Italiens nur noch auf staatlichen oder eigens genehmigten Gebieten schießen dürfen. Ihr Bewegungskreis wäre auf weniger als ein Zehntel beschränkt.

Daß Italien die Zerstörung vielen Lebens nicht nur auf vielen Äckern, sondern auch in Bächen, Flüssen, Seen und vor allem dem Meer zum guten Teil der - meist willkürlich vorgenommenen - Pestizidaufbringung „verdankt“, ist unbestritten. So hat auch dieser Volksentscheid große Chancen, durchzugehen. Einzige Unbekannte ist die Zahl der Nicht-WählerInnen, denn bei Referenden gibt es, anders als bei regulären Wahlen, keine Wahlpflicht. Ein Referendum ist nur dann gültig, wenn mehr als fünfzig Prozent der Wahlberechtigten abgestimmt haben.

Unsicher ist auch der Ausgang der Befragung über die Jagd. Zwar gibt es hier unstrittige Zahlen - etwa, daß Jahr für Jahr mehr als 150 Millionen Vögel geschossen werden. Unbestreitbar ist auch, daß dabei Jahr für Jahr über 30 Vogelarten ausgerottet werden und daß täglich der Abschluß von Storchen, Schnepfen oder seltenen Zugvögeln bekannt wird. Ebenfalls eindeutig ist Italien das Land, in dem es mehr Jäger gibt, als in jedem anderen Staat - fünf pro 100 Hektar Agrarfläche.

Doch gerade die große Anzahl der Waidmänner ist auch die Crux für das Referendum: Sie sind eine mächtige Lobby, die quer durch die Parteien geht und böse Wahleinbrüche für alle androht, die den Vogel- und Wildabschuß einschränken wollen. So fahren zum Beispiel die Kommunisten - sonst seit der Wende von 1989 auf grünem Kurs - eine abenteuerliche Schlingerpartie zwischen den Jagdvereinen, denen sie „volles Verständnis“ signalisieren, und den Ökologen, denen sie aber gleichzeitig Recht geben wollen. Bei den Christdemokraten ist der linke Flügel für, der konservative gegen die Referenden, und die Sozialisten mäkeln statt eine Abstimmungsempfehlung zu geben lieber grundsätzlich am Instrument Referendum herum.

Für die Grünen und die umweltbewußten Teile der Linken ist immerhin schon die Durchführung der Abstimmungen ein Erfolg. Schon dreimal hatten sie es gegen die Jagd versucht, waren aber bislang immer am Verfassungsgericht gescheitert. Und bis zuletzt hatten die Regierungsparteien durch schnell noch durchgezogene Gesetze - die unter Umständen die Aussetzung oder Anullierung des Vorhabens mit sich bringen würden - die Abstimmung zu verhüten gesucht.