„König“ Momper wackelt

■ Keine West-Senatoren im Osten - Berlins Regierender mußte zurückstecken

Berlins ungekrönter Regierender Bürgermeister, für seinen Führungsstil im Senat und in den Parteigremien seit der Maueröffnung als „König Momper“ tituliert, mußte am Dienstag eine Schlappe wegstecken: Der von ihm inspirierte Vorschlag seines siamesischen Politzwillings aus Ost-Berlin, Tino Schwierzina, den Kompetenzbereich von drei Westberliner Senatoren einfach auf den Ostteil der Stadt auszudehnen, fiel bei der eigenen Fraktion und im SPD-Landesvorstand glatt durch. In der Geschichte der krisengeschüttelten rot -grünen Koalition ist dies eine Sensation: Zum ersten Mal scheiterte ein Senatsvorschlag am Aufruhr aus den Reihen der SPD.

Das „Küchenkabinett“ - bestehend aus dem Regierenden Momper, dem Chef der Senatskanzlei, Schröder, Bausenator Nagel sowie Regierungssprecher Kolhoff - hatte die deutschlandpolitische Suppe diesmal überkochen lassen. Seit der Maueröffnung haben diese vier in Sachen Deutschland- und Berlin-Politik das Heft fest in der Hand - auch im Ostteil der Stadt. Trotz anderslautender Beteuerungen des Senatssprechers, hatte Schwierzina, der tatsächlich Probleme hat, unbelastete und zugleich kompetente Magistratsmitglieder zu finden, den Plan in engster Absprache mit der Westberliner Senatsspitze entwickelt. Die allerdings ließ ihn am Dienstag im Regen stehen: Nicht grundlos wurde Walter Momper an diesem turbulenten Tag überhaupt nicht gesichtet, den Schwarzen Peter überließ man großmütig dem östlichen Übergangskandidaten.

Losgetreten wurde die ganze Angelegenheit durch einen Bericht in der 'Bild'-Zeitung, die schon am Montag über den Coup gezielt informiert worden war. Am Dienstag, von einer Horde aufgeregter Journalisten unter Zugzwang gesetzt, trat die Senatsspitze die Flucht nach vorne an und verkündete, sie habe keine Bedenken gegen das Anliegen von Schwierzina. Diesmal hatte der Chefkoch allerdings die Rechnung ohne die Partei gemacht: Bis spät in die Nacht tagte die Fraktion hinter verschlossenen Türen und gab kurz nach der AL bekannt, den Vorschlag aus deutschlandpolitischen Gründen nicht mitzutragen. Momper, in Personalunion Regierender Bürgermeister und SPD-Landesvorsitzender, hat an Hausmacht verloren. Der König steht in der akuten Gefahr, am sogenannten Diepgen-Syndrom zu erkranken. Charakteristische Anzeichen für diese Krankheit sind: Selbstüberschätzung, eigenmächtige Entscheidungen an der Basis vorbei und deutschlandpolitische Seifenblasen.

Kordula Doerfler