Renten auf dem Weg zur Einheit

Rentenversicherungsträger: Leistungsbeschränkungen oder Beitragserhöhungen nicht notwendig  ■  Aus Stuttgart Erwin Single

Die Umstellung und Anpassung des DDR-Rentensystems an das bundesdeutsche Recht nach den Staatsvertragsbeschlüssen birgt nach Auffassung des Verbands Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) noch viele Unwägbarkeiten. Auf der gestrigen Mitgliederversammlung seiner Organisation erklärte der Vorstandsvorsitzende Werner Doetsch allerdings deutlich, Rentner und Beitragszahler hierzulande bräuchten aber nicht mit Leistungsbeschränkungen oder Beitragserhöhungen die Umstellung der DDR-Renten zu finanzieren. Die erforderliche „Anschubfinanzierung“ voraussichtlich allein 750 Millionen DM in diesem Jahr wird aus Steuermitteln bestritten. Den Rest muß der Staatshaushalt der DDR beisteuern, der hierfür allerdings 22 Milliarden DM von der BRD erhält.

Die Last der bevorstehenden Rechtsangleichung der Sozial und Rentenversicherung haben erstmal die DDR-BürgerInnen zu tragen. Sie wird künftig nach West-Muster auf beitrags- und lohnbezogene Leistungen umgestellt. Die Sozialversicherungsbeiträge von bislang rund 10 Prozent werden annähernd verdoppelt; die Beiträge zur Rentenversicherung von Versicherten und Arbeitgebern auf zusammen 18,7 Prozent des Bruttogehalts festgelegt. DDR -RentnerInnen sollen nach 45 Versicherungsjahren künftig ein Altersgeld erhalten, das 70 Prozent des dortigen Nettoverdiensts beträgt - bei einem Durchschnittseinkommen von derzeit rund 960 Mark also eine Rente von 672 Mark. Damit die lediglich auf bundesdeutschem Sozialhilfeniveau liegenden DDR-Durchschnittsrenten bei Personen mit niedrigerem Einkommen oder kürzerer Anwartschaftszeit nicht ganz schmal ausfallen, haben sich die BRD-Finanzminister wenige Tage vor Unterzeichung des Staatsvertrages auf massive SPD-Forderungen hin zu einem „Sozialzuschlag“ durchgerungen: die DDR-Mindestrente beträgt danach 495 DM. Kommt es zu den erwarteten Preissteigerungen etwa bei Lebensmitteln und Mieten, reichen solche Renten nicht aus, den Lebensbedarf zu sichern, schilderte Prof. von Maydell. Hier müsse eine Aufstockung durch eine neu zu schaffende Sozialhilfe erfolgen.

Sozialhilfe wird letztlich wohl auch der letzte Ausweg für alle nicht erwerbstätigen DDR-BürgerInnen bleiben, die dort bislang Anspruch auf eine Grundsicherung hatten. Bei den Rentenversicherern scheint darüber hinaus einstweilen nur die Hoffnung auf ein „Aufholen“ der DDR bei der wirtschaftlichen Entwicklung zu bleiben. Mit einer Änderung des Fremdrentenrechts soll eine Übersiedlung von DDR -RentnerInnen aus finanziellen Erwägungen in die BRD verhindert werden: ab 1.Juli werden ihre DDR-Renten mit exportiert.