Dealer-Haus am Dobben wird geräumt

■ Krisensitzung im Ortsamt: „Dobben 92 gefährdet Sicherheit und Ordnung“ / Neue Unterkünfte für Bewohner gesucht

Das Dealer-Haus am Dobben 92 wird „unverzüglich, d.h. ohne jedes weitere schuldhafte Verzögern“ geräumt. Auf diese Lösung haben sich gestern die Teilnehmer einer Krisensitzung im Ortsamt Mitte geeinigt, zu der Viertelbürgermeister Hucky Heck die

Behördenvertreter, Polizeibeamte und Mitglieder aller Bürgerschaftsfraktionen gebeten hatte. Nachdem inzwischen rund 100 Ermittlungsverfahren wegen Drogenhandels gegen Bewohner oder Besucher anhängig sind - allein in den letzten drei Wochen

erstattete die Polizei 33 Anzeigen und beschlagnahmte bei Hausdurchsuchungen insgesamt 41 Gramm Heroin - hatte der Ortsamtsleiter sofortige Konsequenzen verlangt und zumindest bei den Abgeordneten Martin Thomas (Grüne), Friedrich van Nis

pen (FDP), Horst Isola (SPD) und Ralph Borttscheller (CDU) offene Türen eingerannt. Eine vom Leiter des Sozialamts, Hans Leppin, erbetene Frist von zwei weiteren Monaten für die Umquartierung der 24 kurdischen Bewohner lehnten die Abgeordneten ab als „unzumutbar für die Anwohner“ und „unverantwortlich gegenüber der sich am Dobben etablierenden Kriminalität“.

Trotzdem - so sieht es zumindest der zuständige Leiter der Verwaltungspolizei, Hans-Jörg Wilkens - kann es noch einige Zeit dauern, bis die Räumungsverfügungen auch praktisch umgesetzt werden können: Ehe nicht neue Unterkünfte für die Bewohner gefunden sind, kann Wilkens keinen Beamten in Marsch setzen: „Wir dürfen niemand an die Luft setzen, ohne ihm gleichzeitig ein neues Quartier zuzuweisen.“ Die will Wilkens jetzt gemeinsam mit dem Amt für Wohnungshilfe in verschiedenen Stadtteilen suchen, damit die gleiche Dealer -Gang sich nicht unter einem neuen Dach zusammenfindet und weiterdealt.

Da Polizei und Staatsanwaltschaft gegen einzelne Dealer nahezu machtlos sind und nur in Ausnahmefällen Inflagranti -Zeugen illegaler Drogengeschäft werden (bis heute langten die beschlagnahmten Heroin-Mengen nur in einem einzigen Fall für ei

nen Haftbefehl, obwohl 20 der 24 Hausbewohner der Polizei „einschlägig“ bekannt sind), soll die Räumung nicht laut Strafrecht, sondern nach allgemeinem Polizeirecht verfügt werden: Juristischer Vorzug. Statt jedem Dobben-Dealer seine Gift-Geschäfte einzeln nachzuweisen, will die Polizei kurzerhand das ganze Haus zum „Ort der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ erklären und zwecks „Gefahrenabwehr“ schließen.

Zunächst soll dazu die Hauseigentümerin - sie kassiert bislang über 10.000 Mark Monatsmiete von der Sozialbehörde aufgefordert werden, den Bewohnern fristlos zu kündigen. Wenn das nichts nützt, folgt notfalls der Polizeieinsatz.

Einig waren sich gestern alle beteiligten vom Senatsdirektor des Innenressorts Helmut Kauther bis zu Polizeipräsident Rolf Lüken: Gelöst ist das Drogenproblem mit der Dobben-Räumung nicht. Wenn es nach dem grünen Martin Thomas geht, müßte deshalb das gestrige, „parteiübergreifende“ Gespräch schon bald fortgesetzt werden. Thomas: „Das Drogenproblem eignet sich nicht für parteipolitische Profilierungsversuche. Wir brauchen durchdachte Konzepte, die dann auch gemeinsam getragen werden“.

K.S.