„Die Unis müssen offen bleiben“

■ Umfrage unter StudentInnen der FU und TU zu geplanten Zulassungsbeschränkungen und dem befürchteten Ansturm aus Ost-Berlin

Berlin/Berlin. Entgegen dem Vorschlag der Wissenschaftssenatorin Barbara Riedmüller hat es der Akademische Senat der Freien Universität (FU) in der letzten Woche abgelehnt, im Wintersemester einen Numerus clausus (NC) für die Mehrzahl aller Studiengänge an der FU einzuführen. Hintergrund des Vorschlags der Senatorin sind Prognosen, nach denen im Herbst bis zu 10.000 studierwillige DDlerInnen an die Westberliner Hochschulen drängeln werden. Die taz befragte dazu Berliner StudentInnen.

Kommunikationswissenschaftler (9. Semester): Die DDRler sind doch nur ein Vorwand, um überhaupt den NC einzuführen.

Chemiker (6. Semester): Ich denke, es wird diskutiert, für DDR-Studenten einen Negativfaktor einzuführen, weil die wesentlich bessere Abiture haben. Wenn die Fächer nicht überlaufen sind, ist es Unsinn, ansonsten wäre ich für'n NC oder 'ne größere Uni.

Mathematikerin (8. Semester): Die Unis müssen offen bleiben. Es muß aber ausgeglichen werden mit mehr Lehrmitteln, Professoren und Räumen. Einige Bereiche platzen schon jetzt aus den Nähten.

Mediziner (4. Semester): Daß DDRler hier studieren wollen, finde ich o.k., und daß wir volle Hörsäle haben, ist nicht neu, und ob das 200 oder 300 Leute sind, halte ich weniger für das Problem, als daß mit Hilfe des NC versucht wird, andere Probleme zu bewältigen, nämlich Leute aus Studiengängen rauszudrängen.

Technischer Umweltschützer (4. Semester): Ich schätze, daß wir erst mal wieder streiken müssen, wenn noch Tausende mehr kommen, denn dann wird das Lehrangebot noch mieser, als es jetzt schon ist.

Mediziner (2. Semester): Wenn die Grenzen auf sind, müssen auch die Unis offen bleiben. Man muß ein anderes System finden, ein Vorstellungsgespräch.

Umwelttechniker (4. Semester): Das größte Problem sind die Räumlichkeiten, da könnte man ja auch nach drüben ausweichen.

Informatikerin: Vielleicht könnte das ja neue Impulse geben. Unsere Studenten sind satt und haben eine ziemliche Erwartungshaltung, und DDR-Studenten sind noch hungrig auf Wissen.

Informatiker (6. Semester): Ich möchte nächstes Semester an die Humboldt-Uni. Man kann nicht dagegen sein, daß die hier studieren, und selbst rüberwollen.

Verfahrenstechniker (5. Semester): Ich befürchte, daß es vor allem bei den Tutorien enger wird, die eh schon überfüllt sind. Statt NC sollten sie mal 'n bißchen Geld in die DDR -Unis reinstecken, daß die gar nicht erst großartig auf die Idee kommen, hier hinzuziehen.

Betriebswirtschaftlerin: Ich bin Tutorin, und DDR-Studenten sind echt die liebsten, weil die wirklich noch interessiert sind. Bei uns ist es so proppevoll, die paar DDRler machen den Kohl nun auch nicht mehr fett.

Mathematikerin (2. Semester): Wenn sie kommen, ist nicht so schlimm. Aber daß sie eher Bafög bekommen als wir, das finde ich schlecht.

Biotechnologin (2. Semester): Ich bin froh, daß ich meinen Studienplatz habe und mich nicht nächstes Semester bewerben muß.

thol