Q U E R S P A L T E Status im Transit

■ Berlin, die Stadt des Übergangs

Die Entscheidung der DDR-Regierung, die Straßen von Ost nach West zu öffnen, aber die Personenkontrollen beizubehalten, kann nur als ein tragischer Fall von Amnesie interpretiert werden. An den rund 140 neu-alten Durchgangsstraßen, die U und S-Bahnstationen nicht mitgerechnet, sollen bald Grenzpolizisten stehen - viel mehr werden sie nicht zu tun haben (aber das bald mit Beamtenstatus und Pensionsberechtigung in D-Mark). So werden Rudimente der realsozialistischen Planwirtschaft übergangsweise reanimiert: der Geister-Job bei gleichzeitig angeordneter Bedürfnisdesorientierung.

Allerdings ist das ganze ist nicht nur ein ökonomischer Rückfall, sondern auch historisch daneben: Offene Verkehrswege mit Grenzkontrollen gab es auch vor 1961. Doch im Kalten Krieg hatten die Behinderungen wenigstens noch Sinn, denn damals gab es wirklich zwei Staaten, zwei Verfassungen und zwei Währungen. Und Flüchtlinge mußten vorm goldenen Westen geschützt werden. Heute ist die DDR endlich der Satellitenstaat der richtigen Seite: Wir kennen keine Grenze mehr, wir kennen nur noch Übergänge. Und diese letzte Fiktion läßt man sich doch gerne etwas kosten.

aku/kotte