Krieg und Lieben

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(Moffengriet - Liebe tut, was sie will, Mi., 30.5., 20.15 Uhr, ARD) Unwissenheit, heißt es so schön, schützt vor Strafe nicht. Doch die Leidenschaft, die naive, unschuldige zumal, die Liebe zwischen dem Boris-Becker-gesichtigen, 17 -jährigen Fähnerich Bernd (Konstantin Graudus) und der ebenso jungen, lieblichen Tochter eines holländischen Fleischhauers, Tiny (Annemarie Steen), überfliegt ungestraft (abgrund-) tiefe ideologische Gegensätze, namentlich die zwischen faschistischen Besatzern und besetzten Holländern im Kriegsjahr 1940. Das liegt daran, daß die Richter in diesem Spiel, diesem Fernseh-Spiel, aufgrund der Art der Beweisaufnahme, der Inszenierung nämlich, befangen gemacht werden.

Das funktioniert nach dem Motto: Jetzt lehnen Sie sich mal zurück und stellen Sie sich ein Liebespaar vor. Ringsherum tobt der Krieg, doch davon merken wir nicht viel. Ist ja auch logisch, denn in der filmischen Version des besetzten Hollands erfahren wir nur sehr indirekt die Folgen von Konzentrationslagern, Bombenabwürfen etc. Alles eine Frage der Perspektive. Nichts dagegen zu sagen, daß die naive Tiny sich in den strammen Bernd verliebt, der in seiner feschen Uniform so aussieht, als hätte er einen bombigen Aufschlag auf dem roten Aschenplatz. Außerdem ist er ja sooo anständig, und auch sie läßt ihn nicht 'ran.

Eine solch platonisch platte Liebe übersteht glatt die Anfeindungen, zunächst die von Tinys Eltern, dann die des Pfarrers, der ihr die Hostie verweigert, und schließlich das Geplärre des jüngsten Bruders, der Tiny unablässig „Moffenliebchen“ tituliert. Falls es dem Filmemacher im Sinn stand, die Widersprüchlichkeiten im Bemühen nach einer eindeutigen moralischen Haltung angesichts der Kriegswirren aufzuzeigen, so hätte sich bestimmt eine weitaus zynischere Konstellation finden lassen, in der die Beweisnot der „Unschuld“ nicht auf der Ebene eines öligen Melodrams abgehandelt worden wäre.

Raimund Webers Film reiht sich ein in jene allzu ambitionierten Fernsehfilme. Nicht langweilig, streckenweise sogar spannend. Doch letztlich ohne Mark, ohne Blut. Das sieht man nicht zuletzt an der fürs Fernsehen typischen Art der Gewaltdarstellungen, denn ein Anflug von Gewalt darf in einem Kriegsfilm (leider) nicht fehlen, sonst vergäße man vollends, daß es ja der Krieg ist, um den es eigentlich geht. Die Gewaltszenen, bei der Erschießung holländischer Geiseln etwa, muten an, als habe der Regisseur ein Präservativ über die Kamera gestülpt. Im Gegensatz zum lieben Bernd. Der kam erst gar nicht zum Stich. Weswegen nämlich Tiny aus dem Nachkriegslager für koital -kollaborierende Damen entlassen wird, denn der Frauenarzt stellt mit ihrer Jungfräulichkeit auch ihre moralische Keuschheit fest. Als hätten wir's nicht alle geahnt.

Rie