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Vorläufiges Aus für AKW Greifswald

■ Die vier maroden Alt-Reaktoren werden abgeschaltet / Block I soll aber noch bis zum Jahresende in Betrieb bleiben / Weiterer Ausbau des Atomkomplexes bleibt unangetastet / Töpfer lobt Entscheidung

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Durch den Bau eines neuen Heizwerkes, das ab Dezember die Wärmeversorgung für die Stadt übernehmen soll, und durch den weiteren Ausbau des Atomkomplexes mit der Inbetriebnahme von Block V noch in diesem Jahr sollen Massenentlassungen vermieden werden. Der weitere Ausbau der Kraftwerksanlage von Greifswald, der ungebremst vorangehen soll, würde bedeuten, daß die Blöcke sechs bis acht bis 1995 ans Netz gehen sollen.

Dies war eine der wichtigsten Voraussetzungen für die auch nur vorübergehende Abschaltung des bis noch Ende des Jahres laufenden Schrott-Reaktors. Denn diese Abhängigkeit vom umstrittenen AKW war in der Vergangenheit einer der zentralen Einwände gegen die Abschaltung der Reaktoren gewesen.

Kosten der Nachrüstung

völlig unklar

Die Abschaltung der vier Reaktoren bedeutet allerdings noch nicht das definitive Aus. In dem Sicherheitsgutachten der GRS werden Auflagen formuliert, die für den Weiterbetrieb notwendig sind. Sollten diese Auflagen durch Rekonstruktionsmaßnahmen erfüllt werden, könnten die nachgerüsteten Blöcke „selbstverständlich“ wieder ans Netz gehen, sagte Steinberg. Zum Kostenaufwand der notwendigen Nachrüstung wollte Steinberg vor der Einholung eines ökonomischen Gutachtens nichts sagen. Die Druckwasserreaktoren eins bis vier stammen aus einer in den sechziger Jahren entwickelten sowjetischen Baureihe und gingen in den siebziger Jahren in Betrieb.

Rainer Lehmann, Direktor der Atomkraftwerke der DDR, sprach anschließend von Nachrüstungskosten unter einer Milliarde DM. Allerdings erwartet er, daß noch weitere Sicherheitsauflagen nachgeschoben werden könnten.

Demgegenüber hatten die Alternativ-Gutachter der bundesdeutschen Öko-Institute die Nachrüstungskosten auf „sechs bis zehn Milliarden DM“ beziffert. Sie hatten ihre vom Runden Tisch in Auftrag gegebene Greifswald-Expertise schon Mitte Mai vorgelegt und eine Nachrüstung der morschen Meiler wegen der schwerwiegenden Sicherheitsprobleme und hohen Kosten als illusorisch bezeichnet.

Töpfer bezeugt

seinen „Respekt“

Der Bonner Umweltminister Töpfer bewertete die von Steinberg angekündigte Abschaltung als ein „mehr als verantwortungsbewußtes Handeln“, das „sehr viel Respekt“ verdiene. Für den kritischen Weiter-Betrieb bis zum Jahresende müsse jetzt alles getan werden, um die Sicherheitsrisiken zu minimieren.

60 baugleiche Reaktoren

in Osteuropa

Nur am Rande der Pressekonferenz wurden die internationalen Auswirkungen des GRS-Gutachtens thematisiert. Die jetzt in Greifswald amtlich festgestellten dramatischen Sicherheitsdefizite in der „Systemtechnik“ gelten für insgesamt 60 baugleiche Reaktoren, die, mit unterschiedlicher Leistung und Auslegung, in verschiedenen osteuropäischen Ländern, aber auch in Finnland in Betrieb sind.

Sollten die Greifswald-Reaktoren rekonstruiert werden, werden die versprödeten Reaktordruckbehälter nicht ausgetauscht. DDR-Umweltminister Steinberg berichtete, daß die nachträgliche - unter Werkstoffexperten höchst umstrittene - „Heilung“ der Reaktorherzen durch Ausglühen erfolgreich gewesen sei. Bei zwei der vier Blöcke sei die Heilung abgeschlossen, beim dritten Block sei sie derzeit noch im Gange.

Manfred Kriener

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