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Hans Friderichs, Sanierer der Konzerne und Finanzen

Wird der ehemalige FDP-Bundeswirtschaftsminister zum Vize-Chef der Treuhandanstalt berufen  ■  Von Dietmar Bartz

Berlin (taz) - Ganz dicht ist das Dementi nicht, das die stellvertretende Regierungssprecherin Angela Merkel noch am Donnerstag abgab. Hans Friderichs (FDP), der ehemalige Bundeswirtschaftsminister, werde entgegen anderslautenden Presseberichten „nicht neuer Vorsitzender der Treuhandanstalt für Privatisierung in der DDR“, sagte sie wörtlich. Doch Friderichs könnte, Gerüchte wollen es wissen, auch zum Vize-Chef der wichtigsten wirtschaftspolitischen Einrichtung der DDR berufen werden.

Aber auch dann würde seine Ernennung nicht einer gewissen Ironie entbehren. Denn in den letzten eineinhalb Jahren hat Friderichs versucht, die schwer angeschlagene West -Einzelhandelskette coop aus ihrer eigenen Kraft zu sanieren. Damit ist er gescheitert, der Konzern wird zerlegt und verkauft; Friderichs trat am vergangenen Dienstag von seinem Posten bei coop zurück. Bekommt er aber nun den Job bei der Anstalt, wird die Zerlegung von Unternehmen, der Verkauf von Aktienpaketen an die West-Industrie, zu seiner Hauptaufgabe.

Übrigens hätte Friderichs dann auch geschafft, was dem Westberliner CDU-Politiker Elmar Pieroth nicht gelungen ist: an wirklich zentraler Stelle in der DDR Politik zu mitzumachen. Anstelle Pieroths geriet Gerhard Pohl als DDR -Wirtschaftsminister zum Erfüllungsgehilfen seines liberalen Westkollegen Helmut Haussmann. So wie Pohl könnte eigentlich auch Peter Moreth, der ebenfalls völlig überforderte bisherige Chef der Treuhandanstalt, durchaus im Amt bleiben

-wenn Moreth nun nicht ausgerechnet noch von Hans Modrow ernannt worden wäre.

Für die Behörde, die nun völlig umorganisiert werden soll, ist Friderichs, 58 Jahre alt, nicht die schlechteste Besetzung. Als „Anwalt der Wirtschaft“ galt er schon, als er von 1972 bis 1977 als Wirtschaftsminister der SPD/FDP -Koalition in Bonn fungierte. Dann wurde er Chef der Dresdner Bank. Als der schwer angeschlagene Elektrokonzern AEG, Großschuldner der Großbank, 1982 in den Vergleich ging, zeigte Friderichs sein Sanierer-Geschick: In die AEG-Bilanz wurden in großem Umfang steuermindernde „Verlustvorträge“ eingebaut, so daß schließlich die BRD-SteuerzahlerInnen die Schulden berappten und Daimler-Benz den ganzen Konzern billig aufkaufen konnte.

Zentrale Figur in Parteispendenaffäre

Vorbestraft ist unser Mann auch: Im Zuge des „Parteispendenskandals“, als Unternehmer ihre Hilfsgelder für die Politik an den Finanzämtern vorbeileiteten, wurde auch Friderichs wegen Steuerhinterziehung verurteilt.

61.500 D-Mark Geldstrafe zahlte er; 500.000 D-Mark Prozeßkostenbeihilfe erhielt Friderichs jedoch als Ex -Minister aus dem Bundeshaushalt.

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