Krupp-Manager sagt, was die Hochschule braucht

■ Senator setzt Krupp-Vorstandsmitglied als „Kommissar“ ein / AStA: „Unerträgliche Kungelei mit der Rüstungsindustrie“

Welche Meßgeräte und Laboreinrichtungen die Hochschule Bremen bekommt oder nicht bekommt, wird ab sofort in der Vorstandsetage von Krupp Atlas Elektronik entschieden. Der Wissenschaftssenator hat den einflußreichen Herren in der Bremer Nobel-Rüstungsschmiede jetzt offiziell das letzte Wort bei allen Neuanschaffungen der Hochschule eingeräumt. Gleichzeitig stoppte er die Freigabe aller Investitionsmittel, bis die Geräte-Wunschzettel der Hochschule den Segen des Krupp-Manage

ments gefunden haben.

Oberster Geräte-Gutachter soll Krupp-Atlas -Vorstandsmitglied Professor Dr. Triebold werden, im Nebenamt mit ein paar Stunden an der Hochschule beschäftigt und noch von Ex-Senator Thomas Franke höchstpersönlich für die neue Funktion des „Hochschul-Zeugwart“ ausgeguckt. Am 4. Mai - bereits unter Amtsregie von Franke-Nachfolger Scherf wurde Hochschulrektor Ronald Mönch dann erstmals in die Krupp-Atlas-Vorstandsetage zitiert.

Das Ergebnis des Treffens faßte Mönch in einer vertraulichen Notiz für die Fachbereichssprecher so zusammen: „Dies hat sich praktisch so ausgewirkt, daß die Umsetzung von Fragen der Reinvestition und Fächerstruktur vom Senator sozusagen an ein Placet von Prof. Dr. Triebold informell gekoppelt wird.“ Klartext: Ohne Triebold geht an der Hochschule nichts mehr.

Die Einsetzung Triebolds als heimlicher Hochschulrektor ist umso rätselhafter, als der riesige Nachholbedarf beim Hochschul

Gerätepark längst von zwei neutralen Gutachten bestätigt wurde. Beide kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis: Rund 16 Millionen Mark sind nötig, um die Hochschule auf den Stand der Labor-Technik zu bringen.

Nach den StudentInnen-Streiks des letzten Jahres bewilligten Senat, Deputation und Bürgerschaft denn auch postwendend ein Notprogramm über 1,08 Millionen. Weitere 1,4 Millionen wurden für 1990 in Aussicht gestellt. Inzwischen hat die Wissenschaftsbehörde es sich offensichtlich anders überlegt. Ende April teilte sie dem Rektor mit: „Über ihr Hochschulsonder-Investitionsprogramm kann erst entschieden werden, nachdem ... für die künftige Ersatz- und Erneuerungsfinanzierung wissenschaftlicher Geräte an der Hochschule ein Gesamtkonzept vorgelegt worden ist.“ Dabei sei auch der „begrenzten Finanzsituation des Landes Rechnung zu tragen“. Von der Obergutachter-Funktion war der Manager Triebold damit obendrein zum Sparkommissar befördert.

Hochschulrektor Mönch ließ seine Fachbereichssprecher wissen: „Dies alles hat zum Ziel, bis zum Frühherbst 1990 eine Entscheidungsgrundlage für einvernehmliches Vorgehen zwischen Hochschule, Krupp-Atlas-Elektronik und Senator für Bildung,

Wissenschaft und Kunst herzustellen. Herr Prof. Triebold hat mir zugesagt, unmittelbar nach Abschluß der Arbeit ... den politischen Kontakt zu Senatsdirektor Hoffmann wegen der Umsetzung dieser Reinvestition zu suchen.“

Gestern empfand Mönch diese Formulierung seiner eigenen Entmachtung selbst als „etwas unglücklich“ und versuchte Triebolds Rolle tief zu hängen: Ihm sei es vor allem darum gegangen, den Professoren ein bißchen Dampf bei der Begründung ihre Gerätewünsche zu machen. Immerhin, so Mönch, handele es sich bei Krupp Atlas nicht nur um eins der größten Bremer Unternehmen, sondern auch um den wichtigsten Arbeitgeber für Bremer Hochschulabsolventen.

Das wissen auch StudentInnen und AStA. Umso „untragbarer“ finden sie, wenn „die Verknüpfung von Rüstungsindustrie und Hochschule“ jetzt schon bei der Gerätebeschaffung stattfindet.

Als „bitteren Hohn“ empfindet der AStA mittlerweile auch ein Versprechen, das Wissenschaftssenator Scherf ihnen vor 14 Tagen bei seinem Antrittsbesuch machte. Damals gelobte Scherf noch, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die Hochschule zu einer wissenschaaftlichen Hochburg für Rüstungskonversion, alternative Energien und Atom-Ausstieg zu machen.

K.S.