piwik no script img

Ausländer weiter in der Luft

■ Statt seit langem geforderte Weisungen zu erlassen, bleibt die Innenverwaltung bei „großzügigen“ Empfehlungen / AL will jetzt förmlichen Antrag einbringen

West-Berlin. Verbindliche Regelungen, die das Aufenthaltsrecht für AusländerInnen liberalisieren, sind von seiten der Westberliner Innenverwaltung auch in Zukunft nicht zu erwarten. Drei Monate, nachdem der Ausländerausschuß mit den Stimmen der SPD- und AL-Fraktion dem Innensenator auferlegte, in sieben Punkten die Aufenthaltsbestimmungen für AusländerInnen zu verbessern, lehnte die Behörde jetzt den Erlaß einer Weisung ab. Begründung: Die gewünschten Regelungen würden entweder bereits informell praktiziert oder aber spätestens durch das ab dem 1. Januar 1991 geltende Ausländergesetz wieder ausgehebelt.

Die vom Ausländerausschuß gewünschten Verbesserungen sollen ausländischen BerlinerInnen auch in kritischen Lebenslagen wie Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit und Ehescheidung einen gesicherten Aufenthalt ermöglichen. So soll der Bezug von Sozialhilfe kein Ausweisungsgrund und das Vorhandensein „angemessenen“ Wohnraums keine Voraussetzung mehr für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis sein. Weiterhin sollen in Berlin aufgewachsene und in die Heimat ihrer Eltern gegangene AusländerInnen die Möglichkeit bekommen, zurückzukehren.

Uneinigkeit zwischen AL und SPD besteht mittlerweile im Hinblick auf eine damals gemeinsam beschlossene Forderung, wonach hier lebende, straffällig gewordene Jugendliche nicht mehr mit einer Ausweisung durch die Ausländerbehörde bestraft werden sollen. Während die AL diese „doppelte Bestrafung“ für unsinnig hält, befürchtet die SPD gegen eine solche Weisung eine Kampagne von rechts. Lediglich mit dem Wunsch nach einer bis zum 15. Juni einzurichtenden Härtefallkommission konnten sich SPD und AL bei der Senatsinnenverwaltung durchsetzen.

Statt verbindlicher Weisungen gab die Innenverwaltung jetzt Empfehlungen aus. So sollen Anträge auf unbefristete Aufenthaltserlaubnis und Aufenthaltsberechtigung künftig „großzügiger“ bearbeitet werden. Was bleibt, ist weiterhin ein riesiger Spielraum für die bekanntlich eher restriktiv urteilende Ausländerbehörde. Berger: „Die Verunsicherung der AusländerInnen wird nicht aufgehoben.“ Weiterhin beabsichtigt die Innenverwaltung die seit 1975 bestehende Zuzugssperre für Kreuzberg, Tiergarten und Wedding aufzuheben, auf das Ehebestandsjahr zu verzichten, eine „großzügigere“ Berechnung der erforderlichen Aufenthaltsdauer und eine „großzügigere“ Behandlung von einmalig straffällig Gewordenen.

Der Al-Fraktion sind diese Empfehlungen nicht verbindlich genug: Deshalb will sie die liberale Ausländerweisung als förmlichen Antrag in die nächste Plenarsitzung einbringen.

maz

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen