Radio 100 steht am Scheideweg

■ Steigen SPD und Süddeutscher Verlag beim links-alternativen Berliner „Radio 100“ ein? / Zweitägiger Sprecherstreik

West-Berlin (taz) - Die NachrichtensprecherInnen des links -alternativen Radiosenders „Radio 100“ haben am Donnerstag und Freitag gestreikt. RedakteurInnen übernahmen ihre Aufgaben. Grund der Arbeitsniederlegungen sind Verhandlungen des Senders über die Übernahme von Geschäftsanteilen mit dem SPD-Kommerzfunkunternehmen „LR Lokal- und Regionalfunk KG“ sowie dem Süddeutschen Verlag ('Süddeutsche Zeitung‘). Dem Vernehmen nach sollen die Unternehmen mindestens die Anteile des „MitarbeiterInnen-Vereins“ (34 Prozent) erwerben. Wie die NachrichtensprecherInnen des Senders mitteilten, befürchten sie, daß sie bei Übernahme von Anteilen durch die genannten Unternehmen wegrationalisiert werden, wie bei kommerziellen Privatradios üblich. Dort haben RedakteurInnen die Aufgaben der SprecherInnen übernommen.

Während der Geschäftsführer von „Radio 100“ bislang keine Namen nennen wollte, bestätigten die LR Lokal und Regionalfunk und der Süddeutsche Verlag, der auch am Münchner Stadtsender „Radio Gong 2000“ und am landesweiten Radio „Antenne Bayern“ beteiligt ist, daß auf Wunsch des Alternativsenders bereits mehrfach Verhandlungen stattgefunden hätten.

Innerhalb von „Radio 100“, das seit Einführung des 24 -Stunden-Programms im September letzten Jahres wieder steigende Hörerzahlen verzeichnet, ist die Konzernbeteiligung stark umstritten. Denn die einsteigenden Unternehmen, die Geld in den Sender schießen sollen, werden dies nur gegen eine entsprechende Mitsprache und Umstrukturierung tun: Computer-Musikprogramm, mehr Werbung und hierarchische Betriebsstrukturen.

Ein Teil der MacherInnen sieht insbesondere das wortlastige Abendprogramm in Gefahr. Eine andere Fraktion befürwortet die Beteiligung: Weil der Einstieg bei „Radio 100“ auf Jahre die einzige Möglichkeit sei, in West-Berlin eine Frequenz zu bekommen, sei die Verhandlungsposition des Senders gar nicht so schlecht. Auch sei die Ausstrahlung des Programms über Satellit bereis sicher. Bestimmte Inhalte, wie Programme für AusländerInnen und Minderheiten, seien zudem in der Sendelizenz bindend festgeschrieben.

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