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Studieren im deutschen Ausland. Ratlos.

■ Großer Streit an der Universität über die Folgen des neuen Ausländergesetzes / 795 Bremer StudentInnen von Bespitzelung bedroht

Ausländische StudentInnen: 795 gibt es von ihnen an der Bremer Uni. Und ihr Anteil sinkt. Derzeit liegt er bei 6,3 Prozent.

Anlaß zur Verbitterung haben sie schon genug: Sie müssen sich in die fremdländische deutsche Uni-Welt einfügen und mit der deutschen Sprache zu Rande kommen. Sie müssen trotz schwarzer Haare und/oder dunkler Haut eine Wohnung finden und mit weißen, deutschen Kommilitonen um die wenigen Studentenjobs konkurrieren. Wobei sogar, wenn sie Stellen als studentische Hilfskräfte an der Universität annehmen wollen, die Ausländerbehörde ihnen des öfteren einen Strich durch die Rechnung macht. Ende letzter Woche konnten 100 ausländische Studierende an der Bremer Uni nun darüber streiten, ob sich mit dem neuen Ausländer

gesetz weitere Schwierigkeiten vor ihnen auftürmen werden.

Das neue CDU/FDP-Ausländergesetz wurde am 11. Mai gegen die SPD-Stimmen im Bundesrat verabschiedet. Am 1.1.1991 soll es in Kraft treten. Eine vage Hoffnung auf Änderung besteht nur im Falle von viel Druck von unten, kombiniert mit einem Wahlsieg des SPD-Kanzlerkandidaten Lafontaine.

Auf Einladung des ASTA-Internationalismus-Referats waren zahlreiche Podiumsgäste gekommen, um über die Auswirkung des neuen Gesetzes auf die Studierenden zu informieren. Abgesagt hatte allerdings der prominenteste unter ihnen, Innensenator Sakuth. Anlaß für Rechtsanwalt Volkert Ohm, der in den letzten Monaten häufig als Kritiker des neuen Ausländergesetzes auf

Bremer Podien unterwegs war, anzumerken: „Herrn Sakuth habe ich auf solch einer Veranstaltung noch nie gesehen.“ Ohm kritisierte auch das Verhalten der SPD-regierten Bundesländer im Bundesrat: „Die SPD hätte die Möglichkeit gehabt, den Gesetzentwurf zu verzögern.“

Studentenpfarrer Gerd Klatt bedauerte, daß die Veranstaltung nicht schon früher stattgefunden hatte, zu einer Zeit, in der das Gesetz noch zu verhindern gewesen wäre. Und Anwalt Ohm fragte kritisch ins Publikum: „Wie wollen Sie sich im Hochschulbereich gegen das Gesetz betätigen?“

Der Vertreter des Innensenators, Hans Pleister, und der ebenfalls auf dem Podium vertretene Chef der Ausländerbehörde, Dieter Trappmann, versuchten das Mißtrauen der StudentInnen im

Saal zu zerstreuen. Trappmann, der sich selbst als „liberal und sozial“ beschrieb: „Es ist falsch, jetzt in Panik zu machen. Ich bin ganz sicher, für Sie wird sich nicht viel ändern.“ Rechtsanwalt Volkert Ohm widersprach dem „mit Entschiedenheit“. Er benannte „ganz wesentliche Verschlechterungen“, die das neue Gesetz mit sich bringen werde. Erstens könnten AusländerInnen ab 1.1.91 ausnahmslos nur noch dann in der Bundesrepublik studieren, wenn sie sich das Visum für Studienzwecke in ihrer Heimat besorgt hätten. Zweitens führe das Gesetz einen neuen Aufenthaltstitel ein: die „Aufenthalts-Berechtigung“. Sie mache AbsolventInnen künftig das unmöglich, was immerhin einigen bisher geglückt war: nach dem Studium in der BRD eine Er

werbstätigkeit aufzunehmen.

Drittens schränke das neue Gesetz die politische Meinungsäußerung ausländischer Studierender ein. Wenn eine StudentIn, etwa im Zusammenhang mit Befreiungsbewegungen in der Heimat, „Gewaltanwendung befürworte“, seien die Ausländerbehörden angewiesen, einzuschreiten. Zudem seien Behördenangehörige angehalten, alle Informationen über ausländische Studierende den Ausländerbehörden weiterzugeben. „Denunzierung und Bespitzelung“ seien vorprogrammiert.

Konrektor Christian Marzahn versicherte daraufhin: „Informationen, die zu ausländerrechtlichen Maßnahmen führen, kommen aus der Universität nicht heraus.“ Und der Vertreter der Innenbehörde, Hans Pleister, er

klärte, seine Behörde habe nicht vor, ausländische Studierende an der politischen Betätigung zu hindern. Andererseits wurde aber deutlich, daß eine StudentIn oder AbsolventIn allein, sobald sie Sozialhilfe bezieht damit rechnen muß, ausgewiesen zu werden.

Eine produktive Diskussion über die Zukunft des Gesetzes wollte aber nicht aufkommen. Entweder versuchten Studenten hartnäckig ihre verzweifelte persönliche Situation in den Mittelpunkt der Veranstaltung zu stellen oder aber die Ausländergesetzgebung wurde pauschal als „faschistisch“ abqualifiziert und den Behördenvertretern auf dem Podium aggressiv um die Ohren gehauen. Konrektor Christian Marzahn forderte schließlich die Studenten auf: „Denkt erst mal über Euch selber nach!“

B.D.

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