Die Entpolitisierung der einstigen Alternative

■ Das traditionelle Pfingst-Fußballturnier des FC Internationale wird trotz des Mottos „Für Frieden und Völkerverständigung - gegen Ausländerfeindlichkeit“ immer unpolitischer // Finanzierung über Bezirksamt und Bundesregierung wurden gestrichen

Schöneberg (taz) - Nix los mit Inter. Eigentlich war das fast schon traditionell zu nennende Pfingstturnier dieses Jahr unter dem Motto „Sportler und Sportlerinnen für Frieden und Völkerverständigung - gegen Ausländerfeindlichkeit“ ausgetragen worden, doch die sonst üblichen Aktivitäten am Rande, Stellwände, Diskussionen und Folkloretanz, fielen aus, nicht einmal ein Transparent war zu sehen.

„Wir befinden uns im Umbruch“, so lautet die kurze Analyse von Hermann Behrens, einem der Gründer der FC Internationale Berlin. Anders gesagt hat auch Inter mit gewissen sogenannten Zeitgeistphänomenen zu kämpfen: die allgemeine Entpolitisierung verbreitet sich auch unter den Fußballern des vor zehn Jahren als engagierte Alternative zum üblichen Vereinsgekicke gegründeten Klubs.

Als kleine Geschichtsauffrischung: Im März 1980 hatten einige Fußballer, vor allem TU-Studenten, die Nase voll vom üblichen Drumherum im Berliner Amateurfußball, als da wären die leidige Geldzahlerei bis in die untersten Klassen, das daraus resultierende miserable Klima innerhalb der Mannschaften und die große Abhängigkeit der Vereine von Sponsoren.

Also wurde ein Verein gegründet, der sportlich erfolgreich sein wollte, aber nach reiner Amateurmanier auf jegliche Sponsorenknete bis hin zur Trikotwerbung verzichtete. Gleichzeitig wollten die Inter-Spieler aber „nicht nur zusammen Fußball spielen und Bier saufen“, wie Gründungsvater Peter Vorwerk es formuliert, sondern etwas Sinnvolles tun. Heraus kam dabei ein großes Engagement in der Friedensbewegung und die schon genannten Aktionen nicht nur während der Fußballturniere.

Das sorgte anfangs für Zoff mit dem Verband Berliner Ballspiel-Vereine (VBB), dem altehrwürdigen Wochenblatt 'Fußballwoche‘ und einigen anderen Vereinen. So war den Kissenpupern im Verband der Name „Internationale“ zunächst zu kommunistisch angehaucht - da nützte auch der Hinweis auf den berühmten Namensvetter aus Mailand nichts - und schließlich sollte das erste Osterturnier des FC Inter aus satzungsrechtlichen Gründen (Paragraph 2: Der VBB ist parteipolitisch, weltanschaulich und rassisch neutral) verboten werden.

Nachdem die Verbandsfunktionäre davon überzeugt werden konnten, daß Frieden keine Parteiangelegenheit ist, legten sich die Streitigkeiten. Bis heute haben die inzwischen in der A-Klasse aufgestiegenen „Internationalen“, für die zeitweise Spieler aus neun verschiedenen Ländern gegen den Ball traten, mit anderen, im Fußball typischen Schwierigkeiten zu kämpfen: die Beschimpfungen von Spielern anderer Teams als „linke Vögel“, „SED-Schweine“ und rassistische Beleidigungen haben kaum nachgelassen.

Die nächste Schwierigkeit ist die Zukunftsorientierung. Viele Spieler wollen nur noch bolzen und haben mit politischen Aktivitäten nicht mehr allzu viel am Hut. Dies und die späten Vorstandswahlen im April verhinderten für das diesjährige Turnier das gewohnte Beiprogramm. Desweiteren verhinderten Bezirksamt und Bundesregierung eine akzeptable Betreuung der Gäste aus der UdSSR und DDR. Zum einen wurde aus Versicherungsgründen untersagt, auf dem Sportplatz Tische und Stühle zwecks adäquaten Einnehmens von Mahlzeiten aufzustellen, zum anderen wurden kurzfristig sämtliche Finanzierungshilfen gestrichen.

Nun gut, im nächsten Jahr soll das Versäumte noch mal nachgeholt werden, bevor darüber entschieden wird, ob in Zukunft nicht doch das Geld eine größere Rolle spielen soll, aus dem FC International Berlin also auch ein ganz normaler Fußballverein wird. Tja, die Signale sind wohl nicht zu überhören.

Schmiernick

1. TSV Bassum, 2. BSG Rotation Berlin, 3. Stankin Moskau, 4. BSG Warnow Werft Warnemünde, 5. FC Internationale, 6. FC Internationale (A-Jugend), 7. USB Longwy (Frankreich), 8. Olympiakos Berlin