„Bio“ ist längst nicht „bio“

■ Verbraucherzentrale informierte über unlautere Bio-Werbung / VerbraucherInnen sollen sich wehren

Bio-, Öko-, Natur-, umweltfreundlich - Mit solchen und ähnlichen Worthülsen reagieren immer mehr Firmen auf das allgemein gewachsene Umweltbewußtsein. Dabei wird dem Verbraucher suggeriert, er tue mit dem Kauf eines ganz bestimmten Produktes „aktiv“ etwas für die Umwelt, die Natur, somit für nachfolgende Generationen und natürlich in erster Linie etwas für sich selbst. Da werden beispielsweise die „natürlichen Ziegel“ angepriesen, mit denen „baubiologisch“ gebaut werden kann und der „umweltbewußte“ WC-Reiniger, der naturreine Honig oder die „umweltfreundliche“ chemische Reinigung. Oft verbergen sich dahinter jedoch weder „umweltfreundliche“ noch „gesunde“ Artikel. Allenfalls kann man von „geringen Schadstoffwerten“ oder einer „geringen Umweltschädlichkeit“ sprechen. Gegen diese Form bewußter Falschinformation bzw. Irreführung soll das „Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb“ schützen. Im Idealfall sorgt es für „Klarheit und Wahrheit in der Werbung“. Urteile zur sogenannten „Bio-Werbung“ gibt es jedoch bislang noch viel zu wenige.

Die Meinung der Bremer Verbraucher-Zentrale dazu: Dies sollte sich so bald wie möglich ändern. Umwelt dürfe nicht zu einem Konsumartikel werden, den man einfach inform von sogenannten „Bio-Produkten“ kauft, um dann ein ruhiges Gewissen zu haben. Viel wichtiger sei es, ei

gene Verhaltensweisen in Frage zu stellen. Hersteller müßten viel stärker kontrolliert werden, nicht zuletzt auch wegen der Firmen, „die tatsächlich ernsthaft bemüht sind, umweltschonendere Produkte herzustellen. Einen ersten Schritt in diese Richtung machte das Düsseldorfer Oberlandesgericht mit einer Entscheidung gegen eine Delmenhorster Firma, die Reinigungsmittel herstellt. Per Urteilsspruch wurde ihr untersagt, weiter mit Begriffen wie „biologisch abbaubar“ und „umweltfreundlich“ zu werben. Auch der Name „bio-Fix“ für eines ihrer Produkte darf nicht mehr verwendet werden. Denn viele Käufer, so die Schlußfolgerung des Gerichtes, würden „bio-Fix“ für einen WC-Reiniger halten mit dem man seine Toilette „auf natürlichem Wege“ und „biologisch“ säubern kann. Von „natürlich“ könne jedoch in diesem Fall keine Rede sein, da chemische Prozesse die Reinigung bewirken. Auch das Berliner Landgericht entschied im April ähnlich konsequent. Diesmal ging es allerdings um eine Kindermalfarbe mit Namen „Biocolor“. Bei näheren Untersuchungen war Methanol gefunden worden, ein Alkohol, der Vergiftungserscheinungen hervorrufen kann. Die Richter waren der Meinung, Eltern von Kleinkindern gingen bei einem „bio„-Produkt davon aus, daß hier keinerlei Gefahrstoffe enthalten sind. Deshalb darf die Firma „bio“ nicht mehr im Produktnamen führen. „Es muß ein

fach noch viel mehr solcher Präzidenzfälle geben“, äußerte Frauke La Fleche, Umweltberaterin in der Bremer Verbraucherzentrale gegenüber der taz, „damit das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb öfter angewendet und so mit mehr Inhalt gefüllt wird“.

In diesem Zusammenhang rief sie gestern anläßlich des Umwelttages die Bremer Verbraucher dazu auf, offensichtliche Wider

sprüche zwischen Werbung und Wirklichkeit in Zeitungsanzeigen, Prospekten oder auf Verpackungen bei der Umweltberatungsstelle (Obernstraße 38/42) bekanntzugeben. Dort erhält jede ein kleines Präsent für seine Mühe. In der Beratungsstelle Ansgarikirchhof 28 kann man sich außerdem eine kleine Ausstellung über falsche und echte Umweltzeichen ansehen.

bz